DOSB-Präsident Hörmann besorgt über weltweite Dopingproblematik
Archivmeldung vom 23.01.2017
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Freigeschaltet durch André OttDie weltweite Entwicklung des Sports macht dem Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), Alfons Hörmann, große Sorgen. "Wir haben erkennbar alle Hände voll zu tun, dass die Dopingproblematik nicht noch dramatischer wird, da darf man sich nichts vormachen", sagte er der "Welt am Sonntag."
Insbesondere bei kleineren Nationen gebe es so viel Geld zu verdienen, dass es für die Athleten existenzentscheidend sei, ob sie eine Medaille erringen oder nicht. "Deshalb werden wir im Sport weltweit unsere Aktivitäten erhöhen müssen, um überhaupt den aktuellen Stand halten zu können." Hörmann forderte eine drastische Kurskorrektur im Kampf gegen Doping.
"Es sind Sanktionen der großen Art dringend erforderlich, da kann es keinen Zweifel geben", sagte Hörmann angesichts des zweiten McLaren-Berichts, in dem festgestellt worden war, dass mehr als 1.000 russische Athleten selbst gedopt oder von der systematischen Dopingverschleierung des Staates profitiert haben.
"Es muss ein klares Signal geben: So nicht! Wenn sich bestätigen sollte, dass es in Russland Staatsdoping gegeben hat und das russische Nationale Olympische Komitee damit gegebenenfalls eindeutig gegen die IOC-Charta verstoßen hat, dann wäre für mich der Komplettausschluss des gesamten NOK mindestens für Pyeongchang und gegebenenfalls auch für Tokio ein Thema, mit dem sich das IOC intensiv beschäftigen muss."
Hörmann könne sich nur schwer vorstellen, dass ein Dopingsystem wie in Russland landesweit umgesetzt wird, ohne dass das NOK in irgendeiner Form davon wisse oder darin involviert sei. "Das ist nach meinem Verständnis einer Sportorganisation in einem Land wie Russland wohl kaum möglich. Zumal das NOK laut Charta für die Umsetzung des Wada-Codes verantwortlich ist."
Auch glaubt er nicht daran, dass Staatspräsident Wladimir Putin von nichts gewusst habe. "In einem System wie Russland scheint auch das nur schwer vorstellbar. Das fällt mir als Bürger Europas, aber auch als sportpolitischer Verantwortungsträger schwer zu glauben." Mit dem Teilausschluss Russlands bei den Sommerspielen in Rio hätten viele internationale Fachverbände und die eingesetzten Kommissionen versagt, behauptet Hörmann.
"Die Mannschaft Russlands hätte niemals unter diesen Gegebenheiten und in dieser großen Mannschaft dort auflaufen dürfen. Die optische, psychologische und auch die kommunikative Wirkung des russischen Auftritts war für die gesamte Innen- und Außenwirkung des Weltsports schädlich." Dem "Versagen" von IOC-Präsident Thomas Bach sei das allerdings nicht geschuldet.
"Wenn Sie in so einer Position sind, wie Thomas Bach es mit seinem Team zu diesem Zeitpunkt war, dann haben Sie nur noch die Wahl zwischen Pest und Cholera. Egal, wie er und seine Mitstreiter im IOC sich entschieden hätten, es wäre ihnen um die Ohren geflogen."
Auf die Frage, ob sich Bach nicht für einen Start für Julia Stepanowa einsetzen müssen, antwortete Hörmann: "Die Entscheidung im Fall Stepanowa, das kann ich ganz deutlich sagen, war für viele ein Schlag in die Magengrube." Allerdings schränkt er ein, "dass aufgrund der Empfehlung der Ethikkommission des IOC es sachlich aber nachvollziehbar ist.
Wenn mir beispielsweise unser Good-Gouvernance-Beauftragter eine Handlungsempfehlung gibt, dann habe ich keinen Grund, davon abzuweichen." Dennoch habe man bei der Entscheidung zum Nachteil von Stepanowa das ungute Gefühl gehabt, dass diejenigen, die aktiv zur Aufklärung beitragen, hinterher dafür auch noch bestraft werden. Das sei in seiner gesamten Wirkung ein fatales Signal gewesen.
Quelle: dts Nachrichtenagentur