Helmut Digel fordert Verzicht auf olympische Jugendspiele: "Olympischer Sport gefährdet sich selbst
Archivmeldung vom 30.06.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittHelmut Digel, Vizepräsident des Leichtathletik-Weltverbandes, hat den Verzicht auf olympische Jugendspiele gefordert. Die geplante Einführung durch das Internationale Olympische Komitee (IOC) sei "fatal, weil sie einen Selbstgefährdungsprozess des olympischen Sports begünstigt", schrieb Digel in einem Beitrag für den "Tagesspiegel am Sonntag".
Mit
Olympischen Wettbewerben für den Nachwuchs gehe auch eine Abwertung
der großen Spiele einher. "Das IOC verkennt, dass für die
Jugendlichen dann nichts anderes zählen wird als der olympische Sieg,
dass in jenem Land, in dem die ersten Jugendspiele ausgetragen
werden, das neue olympische Event die gleiche Funktion auszuüben hat
wie die großen Olympischen Spiele, und dass das neue Event ohne eine
umfassende Vermarktung nicht existieren wird", schrieb Diegel, der
auch Direktor des Instituts für Sportwissenschaft der Universität
Tübingen ist. Das IOC will auf seiner Session in der kommenden Woche
in Guatemala beschließen, Olympische Spiele für Jugendliche
einzuführen. Sie sollen alle vier Jahre stattfinden.
Helmut Digel wandte sich in seinem Beitrag für den "Tagespiegel am Sonntag" gegen immer neue Wettbewerbe im Sport: "Die Klub-Wettbewerbe sind mittlerweile so zahlreich, dass der Zuschauer oft nicht mehr weiß, aus welchem Grund welche Mannschaft an welchem Tag gegen eine andere spielt." Bei der Ausweitung des Jahreskalenders der verschiedenen Sportarten werde nicht wahrgenommen, "dass nicht nur die Ressource Zeit für den Mensch endlich ist, sondern dass sich im Sport selbst die Ressource Mensch in der Form seiner Spieler und Athleten ebenfalls als endlich erweist". Dies zeige sich allein darin, dass eine ganze Reihe der olympischen Sportarten erhebliche Nachwuchsprobleme habe. Digel meinte dazu: "Die Belastbarkeit des Menschen als Athlet gerät psychisch, sozial und vor allem physisch an ihre Grenzen. Diese Grenzen sind in vielen Sportarten bereits erreicht oder überschritten. Die Zunahme des Dopingbetrugs bringt dies deutlich zum Ausdruck." Im Handball könne man etwa beobachten, dass sich Spielerinnen und Spieler viel zu oft selbst mit Tabletten behandeln. Auf diese Weise können wohl die Schmerzen verdrängt werden, die sonst das Spiel unmöglich machen würden.
Quelle: Pressemitteilung Der Tagesspiegel