Deutsch-iranischer U21-Nationalspieler äußert sich erstmals persönlich zu der Länderspiel-Affäre
Archivmeldung vom 15.10.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittIn der Debatte um den deutsch-iranischen Fußballer Ashkan Dejagah hat sich erstmals der Spieler selbst zu den Hintergründen der Affäre geäußert. In Gesprächen mit der Zeitung Hamburger Abendblatt und stern.de, dem Online-Magazin der Hamburger Zeitschrift stern, erklärte der 21-Jährige, sein Fehlen beim Länderspiel der deutschen U21-Nationalmannschaft am vergangenen Freitag in Israel habe keine politischen Motive.
"Ich habe gegen
keinen Menschen auf der Welt irgendwelche Vorbehalte", sagt Dejagah
zu stern.de und dem Hamburger Abendblatt. "Ich bin kein Rassist.
Meine Gründe sind rein persönliche. Es ging bei der ganzen Sache gar
nicht um mich, das habe ich für meine Familie getan. Mehr möchte ich
dazu nicht sagen."
Am Dienstag der vorvergangenen Woche, erzählt Dejagah, habe er
Dieter Eilts, den Trainer der deutschen U21-Nationalmannschaft,
angerufen und ihm gesagt, dass er einen deutschen und einen
iranischen Pass habe. Bis heute erkennt die iranische Regierung
Israel nicht an und untersagt den Bürgern die Einreise dort.
Iranische Staatsbürger, die nach Israel einreisen, müssen mit harten
Strafen, mit mehreren Jahren Gefängnis rechnen. Dejagah: "Ich selbst
war schon seit fünf, sechs Jahren nicht mehr im Iran. Aber meine
Eltern besuchen unsere Verwandten in Teheran regelmäßig."
Eilts habe für seine Bedenken Verständnis gezeigt und ihn nicht
für das Spiel in Isreal nominiert.
Dejagahs Fehlen in Israel hatte sich in der vergangenen Woche zu
einer politischen Affäre ausgeweitet. Dem Spieler wurde
Antisemitismus vorgeworfen. Politiker von CDU, SPD und FDP forderten
Dejagahs Ausschluss aus der deutschen Nationalmannschaft. Der
Zentralrat der Juden schloss sich dieser Forderung anfangs an, hat
aber mittlerweile Verständnis für die Situation des Spielers
geäußert.
Der offensive Mittelfeldspieler des VfL Wolfsburg bekam mit 16
Jahren zusätzlich zu der iranischen Staatsbürgerschaft auch die
deutsche. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) half ihm dabei. Seitdem hat
Ashkan Dejagah für mehrere deutsche Jugend-Nationalmannschaften
gespielt. Dejagah zu stern.de und dem Hamburger Abendblatt: "Es gab
Anfragen der iranischen Nationalmannschaft. Ich hätte bis zu meinem
21. Lebensjahr die Möglichkeit gehabt, zu wechseln. Aber ich habe
mich nie damit befasst."
Anfang kommender Woche wird DFB-Chef Theo Zwanziger sich mit
Dejagah zu einem Gespräch treffen - und es sieht so aus, als könnte
das eine Art Gesinnungsverhör für Dejagah werden. Der Spieler sagt
dazu: "Ich werde Herrn Zwanziger das gleiche sagen wie Ihnen. Ich bin
so wie ich bin. Jeder, der mit mir redet, wird merken, worum es mir
wirklich geht: die Familie. Sollte ich die Gefühle von einigen
Menschen verletzt haben, bedauere ich das sehr. Dafür entschuldige
ich mich."
Eine Verletzung zu simulieren, wie es andere iranisch-stämmmige
Bundesliga-Spieler, die in Israel spielen sollten, gemacht haben, kam
für Dejagah nach eigener Aussage nicht in Frage. "Wenn ich gelogen
hätte und das wäre herausgekommen - das wäre für mich noch schlimmer.
Ich will niemanden verarschen", sagt Dejagah.
Sein sehnlichster Wunsch, sagt Ashkan Dejagah zu stern.de und dem Hamburger Abendblatt, sei, dass er weiter für Deutschland auflaufen dürfe.
Quelle: Pressemitteilung stern