Deutschlands oberster Dopingfahnder fordert verdeckte Ermittler
Archivmeldung vom 01.03.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittNach dem Doping-Skandal um die österreichischen Biathleten und Langläufer bei den Olympischen Spielen in Turin hat Roland Augustin, Geschäftsführer der Nationalen Anti-Doping-Agentur (Nada), in einem Interview mit dem Hamburger Magazin stern für ein härteres Vorgehen plädiert. Augustin forderte den Einsatz verdeckter Ermittler und Abhörmaßnahmen gegen Drahtzieher.
"Wir müssen das Umfeld der Sportler besser ausleuchten. Wir
brauchen Schwerpunkt-Staatsanwaltschaften, Spezialisten, wie es sie
beispielsweise für Wirtschaftskriminalität gibt", sagte Deutschlands
oberster Dopingfahnder zum stern. "Nur so kommen wir an die
Hintermänner des Dopings."
In den USA zum Beispiel wird laut Augustin der Handel mit anabolen
Steroiden, also Präparaten zum Muskelaufbau, schon seit den 70er
Jahren von einer amerikanisch-italienischen Mafia kontrolliert. Die
in Deutschland verbreitete Theorie von Einzeltätern sei
wirklichkeitsfern und bagatellisiere das Problem.
Augustin:
"Dopinghandel ist organisierte Kriminalität." Für Dopingmittel würden
zum Teil dieselben Vertriebswege wie für Drogen genutzt. An die Täter
komme man aber nur schwer heran, denn wie bei der Mafia "gibt es ja
die Omertà, die absolute Schweigepflicht".
Augustin unterstützt eine Kooperation zwischen IOC und staatlichen
Behörden, wie sie bei den Razzien im österreichischen Lager
praktiziert wurde. Damit erreiche man "eine viel größere
Schlagkraft". Haftstrafen für Sportler, die sich eines
Dopingvergehens schuldig machen, wie es in Italien und Frankreich
schon der Fall ist, hält Augustin dagegen für nicht angemessen: "Das
würde eine Kriminalisierung der Sportler bedeuten - und am Kern des
Problems vorbeigehen."
Grundsätzlich sieht der Nada-Geschäftsführer den Kampf gegen
Dopingsünder auf dem richtigen Weg. Augustin: "Wir sind den Dopern
auf der Spur. Beispiel Eigenblutdoping: Bislang können wir noch nicht
nachweisen, ob ein Sportler sich mit eigenem Blut, das er sich
abzapft, manipuliert und wieder injiziert, gedopt hat. Es gibt aber
eine internationale Forschungsgruppe, die an einem Kontrollverfahren
arbeitet. Niemand kann sich also auf ewig sicher fühlen."
Quelle: Pressemitteilung stern, G+J