"Uli, das geht so nicht" tz-Interview mit Torwartlegende Sepp Maier
Archivmeldung vom 13.04.2011
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 13.04.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittEs waren Worte, die in erster Linie Louis van Gaal galten - aber auch Thomas Kraft hart trafen. "Das ging voll gegen mich", erklärte der junge Keeper nach Hoeneß' Generalabrechnung enttäuscht der tz. Wie geht es nun mit dem 22-Jährigen weiter?
Die tz sprach mit seinem größten Förderer: Bayerns Torwartlegende Sepp Maier. Sie waren immer einer der größten Befürworter Thomas Krafts. Nun scheint es, als wäre seine Ära beim FC Bayern nach zwölf Liga-spielen beendet. Uli Hoeneß schimpfte gar, mit dem Torwartwechsel im Winter "ging die ganze Scheiße los"...
Maier: Das stimmt ja nicht. So kann man das auf keinen Fall sagen, der Thomas hat gut gehalten. Klar, in Nürnberg war er unsicher. Aber das ist ja kein Wunder, wenn alle nur von Manuel Neuer sprechen. Es ist doch ganz klar, dass sich ein junger Kerl darüber Gedanken macht. Das muss man verstehen.
Seine Fehler - in Hannover und Nürnberg - kosteten Louis van Gaal letztlich den Job.
Maier: Ach, die Verantwortlichen sollen zuerst einmal auf sich selbst schauen, bevor sie anderen die Schuld geben. Seit Jahren gibt es nur Theater, das hat mit Klinsmann angefangen. Dieses Theater kommt sicher nicht von der Mannschaft, sondern von oben. Da wird der Lucio verkauft, der Zé Roberto, im Winter lässt man auch noch van Bommel gehen. Mit ihm ist der letzte giftige Kerl gegangen. Und dann wundert man sich, wenn man um den dritten Platz kämpfen muss.
Ist es sinnvoll, jetzt wieder den Torwart zu wechseln, auf Jörg Butt zurückzugreifen?
Maier: Man muss ja etwas ändern. Aber mit Thomas trifft es den Falschen. Es liegt sicher nicht allein am Torwart.
Hatten Sie zuletzt Kontakt zu Kraft?
Maier: Ich war einmal an der Säbener Straße und habe mit ihm geredet, ja. Ich bleibe dabei: Er ist ein talentierter Mann, ein guter. Ich bin mit 18 ins Bayern-Tor gekommen, in der Regionalliga Süd. Ich habe auch meine Fehler gemacht. Aber der Trainer hat eben gesagt: Das ist ein junger Kerl, auf den bauen wir.
Du hast Fehler machen dürfen. Wurde Kraft von seinen Kollegen im Stich gelassen?
Maier: Es kann nicht sein, dass der FC Bayern mit dieser Mannschaft nur 1:1 in Nürnberg spielt, weil der Torwart einen Fehler macht. Da muss die Mannschaft doch so gut sein, dass sie den Nürnbergern vier Stück reinhauen. Dann fragt keiner mehr nach Thomas' Fehler. Da geht es los. Die Leistung gegen Nürnberg war unterirdisch. Dass man dann nach so einer Leistung - auch der Uli Hoeneß - auf einen jungen Torwart losgeht, ist in meinen Augen eine Frechheit. Das geht so nicht. Das Ziel von Hoeneß' Attacken war eher van Gaal.
Der Präsident ärgerte sich, weil der Vorstand van Gaal immer wieder auf die Gefahren des Torwartwechsels hingewiesen hatte.
Maier: Was heißt Gefahren? Wenn der Thomas in Mailand nicht so gut gehalten hätte, hätten sie dort schon vier Stück gekriegt. Zuletzt hat das ganze Theater um Neuer verursacht, dass Thomas so nervös war. Das wäre bei mir dasselbe, ich hätte meinen Kopf auch nicht frei. Er hätte das absolute Vertrauen gebraucht. Hoeneß wollte sich eigentlich als Präsident zurückhalten.
Die Entlassung - inklusive emotionaler Abrechnung - verkündete jedoch ganz persönlich er.
Maier: Irgendwann muss ja jemand mal etwas sagen. Das finde ich am Uli auch gut. Wenn der wütend ist, lässt er alles aus sich raus. So bin ich auch. Deswegen ist er mir auch so sympathisch. Aber klar: Ein paar Sachen - wie die gegen den Torwartwechsel und somit gegen Kraft - werden ihm vielleicht schon wieder leid tun. Thomas gegenüber war das unfair. Mit solchen Sätzen kann man einen jungen Kerl kaputt machen.
Wie verkraftet Thomas Kraft die Zurückstufung?
Maier: Das wird schon. Der Thomas packt das. Und wenn die Bayern Vierter werden, dann wird's sowieso ganz schwer, den Neuer zu holen. Was will er denn in der Euro League? Das hat er bei Schalke auch. Dann bleibt der Thomas und spielt weiterhin - da müssten sich die Bayern auch keine Sorgen machen.
Quelle: tz München (Interview: Tobias Altschäffl)