Spanischer Ex-Radprofi Manzano wütend über Doping-Beichten früherer Telekom-Fahrer
Archivmeldung vom 20.06.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDer ehemalige Radprofi Jesús Manzano hat scharf die Doping-Beichten der ehemaligen Telekom-Fahrer kritisiert. Der Spanier, der vor drei Jahren als Erster über Blut-Doping im Radsport auspackte, bezichtigte in einem Interview mit dem Hamburger Magazin stern vor allem Rolf Aldag, derzeit Sportdirektor im Telekom-Nachfolgeteam T-Mobile, der Lüge.
Außerdem belastete er
seinen Landsmann und früheren Teamkollegen Alejandro Valverde schwer,
der als einer der Favoriten für die diesjährige Tour de France gilt.
Manzano glaubt nicht, dass die ehemaligen Telekom-Fahrer Erik
Zabel, Bjarne Riis oder Rolf Aldag bei ihren Doping-Geständnissen die
ganze Wahrheit gesagt haben. Vor allem die Behauptung von Rolf Aldag,
Doping sei für ihn eine ganz intime Angelegenheit gewesen und er
wisse nichts über andere Fahrer aus dem Team Telekom, empört ihn.
"Das ist eine Riesenlüge. Da lügt Rolf Aldag. Aldag lebt weiter vom
Radsport. Er ist ja Direktor, er muss seine Einnahmequelle sichern.
Wenn Aldag richtig auspackt, dann stellt er sich gegen Tausende von
Radfahrern. Das ist ihm bewusst. Also spricht er von einer sehr
persönlichen Sache. Das klingt nach einer Ausnahme, aber es gibt
keine Ausnahmen im Radsport. Festina, Liberty Seguros, Phonak, mein
ehemaliges Team Kelme und nun Telekom und T-Mobile - alles Teams, in
denen gedopt wurde. Doping ist eben nicht die Privatangelegenheit von
ein paar Leuten. Es ist ein Krebs, der wuchert. Und alle wissen es."
Manzano berichtet im stern-Interview umfassender und detaillierter
als alle Telekom-Profis bei ihren bisherigen Beichten über die
systematische Versorgung der Radrennfahrer mit Dopingmitteln, über
Teamchefs, die Fahrern mit Rauswurf drohen, wenn sie nicht dopen und
über Profis, die sich untereinander die besten Dopingtricks verraten.
Manzano: "Warum soll es ausgerechnet bei Telekom und später bei
T-Mobile anders gewesen sein? Also: Aldag soll den Leuten nicht so
einen Quatsch erzählen."
Manzano hatte mit seinen Enthüllungen vor drei Jahren das
Ermittlungsverfahren gegen Eufemiano Fuentes ausgelöst. Dieser
spanische Arzt wird verdächtigt, viele Sportler, darunter auch Jan
Ullrich, mit Dopingpräparaten versorgt zu haben. Das Verfahren gegen
Fuentes wurde von der spanischen Justiz wegen angeblich fehlender
Gesetzesgrundlagen eingestellt. Fuentes soll Gerüchten zufolge in
Portugal wieder aktiv sein. "Dass er in Portugal sein Ding macht,
habe ich auch gehört" so Manzano zum stern. "Allerdings nicht mehr im
großen Stil wie früher. Wenn es früher 200 Patienten waren, die er
betreute, sind es heute vielleicht noch 20. Nur Edelkunden."
Im stern erhärtete Manzano auch seine Vorwürfe gegen seinen
ehemaligen Kelme-Teamgefährten Alejandro Valverde, der jetzt für das
französische Team Caisse d'Epargne fährt. Auch Valverde wird in
Verbindung gebracht mit dem Dopingring von Fuentes. "Dasselbe Zeug,
was sie mir gegeben haben, haben sie auch ihm (Valverde) gegeben. Ich
erinnere mich an einen Abend nach einer Vuelta-Etappe im Jahr 2002,
da kam Valverde mit einem Testosteronpflaster zum Essen. Nach einer
Stunde hat er es abgerissen, sonst wäre er positiv getestet worden."
Allerdings habe sich durch die ganzen Beichten und die
Ermittlungen im Radsport nichts geändert, behauptet Manzano. "In der
Radwelt ist es so: Wenn du dabei bist, bleibst du dabei und wechselst
nur den Arzt. Die Fahrer, die noch mit mir sprechen, erzählen: Alles
ist gleich geblieben, alle sind nur vorsichtiger geworden."
Quelle: Pressemitteilung stern