Judoka übertreffen ihre eigenen Erwartungen
Archivmeldung vom 27.06.2015
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittSieben Jahre musste der Deutsche Judo-Bund (DJB) warten, bis mit Martyna Trajdos wieder eine Deutsche einen EM-Titel gewinnen konnte.
Im Finale der Klasse bis 63 Kilo besiegte die Athletin vom Eimsbütteler TV die Slowenin Tina Trstenjak. Silber erkämpfte Laura Vargas Koch vom 1. Berliner Judo-Club in der Klasse bis 70 Kilo. Bronzemedaillen gewannen Szaundra Diedrich vom JC Bushido Köln (bis 70 Kilo) und Alexander Wieczerzak vom JC Wiesbaden (bis 81 Kilo). Sven Maresch verlor in der 81-kg-Klasse den Kampf um Bronze. Bronze gewann außerdem Ramona Brussig aus Schwerin in der 57-Kilogramm-Klasse der Sehbehinderten.
Martyna Trajdos hatte im Halbfinale im Kampf gegen die Weltmeisterin Clarissa Agbegnenou aus Frankreich dominiert und nach vier Minuten durch eine Shido-Bestrafung für die Französin gewonnen. Im Finale gegen die WM-Dritte Trstenjak zeigte sich die 26-Jährige offensiv und erzielte 30 Sekunden vor Kampfende die entscheidende Wazaari-Wertung.
Anschließend konnte sie ihre Gefühle auch noch längere Zeit nach der Siegerehrung nicht einordnen. „Ich bin immer noch im Tunnel“, sagte sie. „Das fing beim ersten Kampf heute an und hält immer noch.“ Sie habe das Gefühl, als betrachte sie den Verlauf des Turniers ganz kühl von außen und sage sich: „Ok, schön, schön. Aber große Gefühle empfinde ich noch immer nicht.“
Auch nicht über ihre Siege über große Namen. Diese nun auch bei Olympia zu schlagen, das sei ein Ziel. „Ich habe mich zu oft zufrieden gegeben mit dem, was ich erreicht habe“, sagte sie. „Aber ich habe mir gesagt: Du kannst das. Vielleicht war das der entscheidende Punkt.“
Olympia bleibt auch für die anderen jungen Judoka das große Ziel. Für die meisten haben die ersten Europaspiele dafür schon einen guten Eindruck vermittelt. Besonders beeindruckt zeigte sich Alexander Wieczerzak. Für den Junioren-Weltmeister von 2010 war alles neu in Baku. „Wie das hier aufgezogen ist, dieser riesige Aufwand, das ist schon beeindruckend - eine Augenweide“, sagte er. So habe er auch zum ersten Mal auf einer Matte auf einem Podium vor so vielen Zuschauern gekämpft. „Das macht schon Lust auf Olympia, das ist das Ziel.“
Das sagen die deutschen Judoka nach ihren Erfolgen:
Martyna Trajdos: „Wie es mir geht? Ganz ehrlich, ich kann es immer noch nicht sagen. Ich bin noch im Tunnel. Das fing beim ersten Kampf heute an und hält immer noch. Ich habe das Gefühl, ich betrachte das hier alles ganz kühl von außen und sage mir: Ok, schön, schön. Aber große Gefühle empfinde ich noch immer nicht. Ob es mir lieber wäre, die Weltmeisterin bei einer WM oder Olympia zu schlagen? Mein Gott, ich bin gerade auf dem Weg dahin, da habe ich hier ein paar Punkte gesammelt. Es ist ein Ziel. Ich habe mich zu oft zufrieden gegeben mit dem, was ich erreicht habe. Aber ich habe mir gesagt: Du kannst das. Vielleicht war das der entscheidende Punkt. Das hier ist viel besser als erwartet. Ich habe mir solch einen Erfolg zwar vorgestellt, aber noch kann ich es nicht richtig begreifen.“
Laura Vargas Koch: „Im Finale hat meine Gegnerin meine Spezialtechniken perfekt gekontert. Da muss ich mir jetzt was anderes überlegen. Wir wissen, dass wir in Europa zur Spitze gehören. Es kommt immer auch auf die Auslosung an, aber der Erfolg ist keine sooo große Überraschung. Ich war in London als Trainingspartnerin dabei, da habe ich auch die ganze Atmosphäre mitbekommen. Olympische Spiele sind schon etwas anderes. Aber es ist auch cool, hier zu sein.“
Szaundra Diedrich: „Das Drumherum hier ist schon cool. Die anderen Sportarten, überall Hinweise auf Team Germany, man kommt mit anderen ins Gespräch, das macht schon was aus. Das ist schon Anreiz auch für Olympia.“
Alexander Wieczerzak: „Für mich ist das ein tolles Erlebnis. Wie das hier aufgezogen ist, dieser riesige Aufwand, das ist schon beeindruckend - eine Augenweide. Ich habe zum ersten Mal auf einer Matte auf einem Podium vor so vielen Zuschauern gekämpft. Das macht schon Lust auf Olympia, das ist das Ziel. Warum es hier so gut läuft? Es ist einfach so, dass man sich von Monat zu Monat weiterentwickelt, immer weiter an Technik und Taktik und an allem feilt. Langsam tragen die Bemühungen Früchte.“
Ramona Brussig: „Ich bin glücklich. Ich habe das Ganze hier als sehr positiv empfunden. Ich glaube auch, es kam bei den anderen gar nicht schlecht an, dass wir hier vertreten waren. Aber ob das Experiment jetzt gelungen ist, kann ich schlecht beurteilen. Hier waren ja nur zwei Gewichtsklassen dabei. Wie es ist, wenn mehr Klassen am Start sind, muss man abwarten. Eines ist klar: Olympics und Paralympics zusammen geht nicht. Es ist hier in Baku schon was Besonderes. Aber Paralympics und vor allem London sind nicht zu toppen. Das hier kann man auch gar nicht mit Paralympics vergleichen, eher mit einer Europameisterschaft. Wir sind ja auch nicht lange genug da, um viel Kontakt mit anderen Sportarten zu haben. Aber es ist ein schönes Erlebnis.“
Quelle: DOSB