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"Die Lage hat sich total entspannt...": tz-Interview mit Uli Hoeneß

Archivmeldung vom 01.07.2011

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 01.07.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
FC Bayern München
FC Bayern München

Herr Hoeneß, was sagt Ihr Bauchgefühl zum Start in die neue Saison? Uli Hoeneß: Ich höre, dass die Stimmung sehr gut ist, sehr locker, gelöst. Das, was wir uns erhofft hatten, scheint sich zu bewahrheiten. Wurde die Mannschaft optimal verstärkt, wenn jetzt noch Jerome Boateng hinzukommt?

Hoeneß: Wenn Boateng noch kommen sollte, wäre das natürlich fein. Aber das wird nicht einfach, Manchester gibt ihn offensichtlich nicht so gerne her. Wir müssen abwarten.

Welche Personalie gestaltet sich schwieriger: Boateng oder Vidal?

Hoeneß: Ich bin da nicht so drin. Ich weiß, dass Jupp Heynckes dem Vorstand deutlich gemacht hat, dass er diese beiden Spieler haben möchte. Aber wir haben jetzt Anfang Juli, die Transferzeit dauert noch acht Wochen. Wenn Sie die genaue Anzahl der großen Transfers beobachten, merken Sie: Da ist noch gar nichts passiert auf der Welt. Deswegen sollten wir nicht hektisch werden.

Zumindest für Manuel Neuer hat der FC Bayern schon richtig viel Geld in die Hand genommen. Wie wichtig wird der runde Tisch mit den Fans am Samstag?

Hoeneß: Ich glaube nicht, dass es wegen Neuer Unruhe geben wird. Ich bin immer dafür, dass man miteinander spricht, und werde bei diesem Treffen auch persönlich dabei sein. Mal sehen, was dabei rauskommt. Aber eines muss klar sein: Die Transfergeschäfte macht der Vorstand -und sonst niemand. Das soll auch in Zukunft so sein. Dieses Recht werden wir uns als Verein auch in Zukunft nicht nehmen lassen. Denn das wäre der Anfang vom Ende, wenn eine kleine Gruppe die Transferpolitik des Vereins bestimmen könnte.

Erwarten Sie am Samstag eine Entschuldigung der Schickeria?

Hoeneß: Das weiß ich nicht. Ich gehe nicht dorthin, um mitzudiskutieren. Ich höre mir das Ganze an, dann schauen wir mal, was rauskommt.

Hat sich die Lage über den Sommer beruhigt?

Hoeneß: Ja. Ich glaube, die allgemeine Lage hat sich total entspannt. Dazu hat sich die Sache Sechzig mehr oder weniger erledigt. Da mussten alle Kritiker einsehen, dass wir gar nichts Falsches gemacht haben. Wir kriegen am 15. Juli unser Geld, das wurde uns bestätigt. Das heißt, die Bedenken, dass wir Geld des Klubs verschenken, waren nie berechtigt. Wir hatten nie gesagt, dass wir auf Geld verzichten - sondern dass wir nur bereit waren, Stundungen auszusprechen. Jetzt, mit der Übernahme des Arabers, werden wir unser Geld kriegen. Damit ist die Sache erledigt.

Sind Sie froh, dass die Themen Neuer und 1860 überstanden sind?

Hoeneß: Für mich ist es gut, dass sich die Dinge in Wohlgefallen aufgelöst haben, ohne dass wir groß etwas tun mussten. In der 1860-Sache haben sich die Dinge so entwickelt, wie sie sich entwickeln müssen: Dass der Schuldner dem Gläubiger sein Geld bezahlt. Und im Falle Neuer hat der Vorstand klugerweise das gemacht, was er machen muss - nämlich die sportlichen Dinge in den Vordergrund gestellt und den Transfer durchgezogen.

Was ist für die Löwen drin? Ismaik gab als Fernziel aus, in zehn Jahren dort stehen zu wollen, wo der FC Barcelona heute steht...

Hoeneß (schmunzelt): Wer weiß schon, was in zehn Jahren ist...?

Fühlen Sie sich mit Ihrem Freund Jupp Heynckes als Trainer und ohne große Sorgen derzeit rundum wohl?

Hoeneß: Die Bremse bei uns wurde in den letzten Spielen schon gezogen, es war wieder Spaß drin - wobei ich überhaupt keine Lust mehr habe, noch etwas Böses zu sagen. Die Vorfreude ist jetzt groß. Ich bin der Meinung, dass wir jetzt einen Trainer haben, der mit allen im Verein kommunizieren wird, der alle miteinbezieht. Natürlich muss er am Ende den Kopf hinhalten. Aber alle Trainer, die hier gearbeitet haben, haben festgestellt, dass weder ein Beckenbauer, ein Rummenigge oder ein Hoeneß ihm je in seine Arbeit reingeredet haben.

Und Heynckes wirkt trotz seiner 66 agil.

Hoeneß: Das Alter ist doch heutzutage überhaupt kein Argument mehr. Die Welt hat sich total verändert, das ist nicht mehr wie vor 20 Jahren. Die Rentengrenze geht auf 67 demnächst. Ich habe gelesen, dass die Frauen im Schnitt in 20 Jahren 92 Jahre alt werden.

Sie haben zuletzt davon gesprochen, dass es wieder mehr Attacken der Bayern brauche. Zeit für eine Kampfansage nach Dortmund?

Hoeneß: Es braucht keine Attacken. Aber wir müssen uns wieder mehr mit den anderen beschäftigen als mit uns selbst. Wir haben in der Vergangenheit zu viele eigene Probleme gehabt, die wir diskutiert haben. Ich glaube, mit der Maßgabe, dass Jupp jetzt unsere Mannschaft trainiert, werden wir eventuell aufkommende Probleme intern lösen. Dann können wir uns voll auf die Gegner konzentrieren. Die haben die letzten zwölf Monate ja nie etwas von uns gehört.

Mit Takashi Usami haben die Bayern den ersten Japaner verpflichtet. Was bringt er der Marke FC Bayern auf dem asiatischen Markt?

Hoeneß: Das wird uns nur dann was bringen, wenn der Spieler auch nachhaltig bei uns spielen wird. Wenn er Stammspieler werden würde, was sich jeder wünscht, wäre das eine feine Sache. Dann würde das sicher auf dem asiatischen Markt sehr helfen.

Quelle: tz München Interview: Tobias Altschäffl

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