Beckenbauer fordert Generalreform des Fußballs und "Grenze des Geldverdienens"
Archivmeldung vom 01.06.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittFranz Beckenbauer hat eine Generalreform des Fußballs gefordert. "Der Fußball braucht eine generelle Reinigung. Man sollte über die Grenze des Geldverdienens reden", sagte Beckenbauer in einem Gespräch mit dem "Tagesspiegel".
Nach der Weltmeisterschaft müsse das Thema
angegangen werden, forderte der Präsident des
WM-Organisationskomitees. "Wenn man heute die Spielervermittler
sieht, die die Spieler hin und her schieben, wenn man merkt, dass
jeder die Hand aufhält, dann macht mich das traurig", sagte
Beckenbauer dem Blatt. "Einige Manager und Trainer verdienen an
Transfers, sogar Präsidenten und Politiker, alle sind verwickelt.
Dazu kommen die Wettgeschichten." Die Entwicklung des
Fußballgeschäfts sei gefährlich, wie man besonders schmerzlich am
Manipulationsskandal in Italien erfahre.
Eine gute Woche vor dem WM-Eröffnungsspiel warnte Beckenbauer vor
leeren Plätzen in ausverkauften WM-Stadien. "Bei einigen
ausländischen Verbänden besteht die Gefahr, dass sie ihr Kontingent
nicht zurückgeben, wenn sie Karten nicht benötigen", sagte
Beckenbauer dem "Tagesspiegel". Beim Confed-Cup hätte ihm ein
Argentinier am Spieltag 200 Karten in die Hand gedrückt, bei der WM
dürfe das nicht passieren. Angesichts der Unwägbarkeiten sei es
möglich, "dass sich Lücken auftun". Beckenbauer kritisierte in diesem
Zusammenhang den schleppenden VIP-Kartenverkauf durch die Schweizer
Agentur ISE. "Offenbar hat man den deutschen Markt überschätzt und
die Preise für VIP-Tickets zu hoch angesetzt", sagte Beckenbauer in
dem Gespräch. Die Kalkulation von ISE sei nicht komplett aufgegangen.
Zuletzt hatte der Fußball-Weltverband Fifa mehr als 42.000 Tickets an
die deutschen Organisatoren zurückgegeben, darunter viele vom
VIP-Vermarkter ISE. Die Karten flossen in den Fanverkauf im Internet.
Kritik der Fifa am deutschen Ticketverkauf wies Beckenbauer
zurück. "Wir haben uns mit der Fifa zusammen zu diesem System
entschlossen, deswegen ist jede Kritik aus Zürich völlig
unberechtigt." Beckenbauer forderte von der Fifa eine bessere
Kommunikation. "Man muss mehr miteinander reden. Die Fifa ist der
Veranstalter, wir sind der Ausrichter. Aber letztlich sind wir doch
Partner." In einzelnen Projekten gehe es seitens der Fifa ziemlich
harsch zu. "Sepp Blatter ist ein Mann der Kommunikation und ein sehr
charmanter Gastgeber. Aber die Leute, die für ihn arbeiten, haben
manchmal einen unguten Ton drauf: Wir sind die Fifa, wir bestimmen!"
Beckenbauer eröffnet am Donnerstag in Berlin den WM-Globus vor dem
Brandenburger Tor. Am Freitag wird Fifa-Präsident Joseph Blatter in
München zur Vorbereitung des Fifa-Kongresses erwartet.
Quelle: Pressemitteilung Der Tagesspiegel