Leichtathletik-WM: Roleder zündet Silber-Rakete, Europarekord für Schippers
Archivmeldung vom 28.08.2015
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDas war atemberaubend, was sich am Freitag auf der WM-Bahn von Peking abspielte. Cindy Roleder sprintete über die Hürden in 12,59 Sekunden zu Silber und zur insgesamt sechsten Medaille für den DLV. Dafne Schippers stellte an WM Tag sieben in 21,63 Sekunden über 200 Meter einen Europarekord auf.
Es hat wohl viele überrascht und auch das ein oder andere Stirnrunzeln ausgelöst, als Cindy Roleder (SC DHfK Leipzig) im Herbst 2013 verkündete, zum Mehrkampf wechseln zu wollen. Im Siebenkampf ist die 26-Jährige inzwischen bei 6.055 Punkten angekommen - da fehlt noch ein Stück zur internationalen Spitze. Aber schon im vergangenen Jahr hat EM-Bronze über 100 Meter Hürden bewiesen, wie gut das Mehrkampftraining bei Wolfgang Kühne der Hürdensprinterin Cindy Roleder tut. Auch der nötige Killerinstinkt war plötzlich da. Im entscheidenden Moment kommt die Leistung auf den Punkt.
Das gelang auch schon im WM-Halbfinale, in dem Cindy Roleder trotz eines schwachen Starts in Bestzeit von 12,79 Sekunden sicher ins Finale einzog. Was dann im Finale passierte, war wohl der "Flow", in den jeder Sportler hineinkommen möchte. Nach einem für ihre Verhältnisse guten Start griff der Schritt nach jeder Hürde perfekt und die Deutsche Meisterin saugte sich Hürde für Hürde an die Konkurrenz heran. Mit dem Zielsprint folgte die große Stärke und der Spurt zu Silber. In 12,59 Sekunden gewann die Leipzigerin die erste Medaille für den DLV auf dieser Strecke seit 1987.
Mit der 22 Jahre alten Danielle Williams (Jamaika; 12,57 sec) rettete sich nur eine der starken Hürdensprinterinnen aus der Karibik vor der Deutschen ins Ziel. Bronze ging mit Alina Talay (Weißrussland; 12,66 sec) an eine weitere Europäerin. Die hoch gehandelten US-Amerikanerinnen gingen leer aus. Titelverteidigerin Brianna Rollins (12,67 sec) hielt sich als Vierte noch am besten. Die Jahresschnellste Sharika Nelvis (13,06 sec) wurde Achte. Auch Tiffany Porter (Großbritannien; 12,68 sec) verstolperte als Fünfte hinten raus eine Medaille.
Dieser Lauf war wohl das perfekte Rennen, von dem jeder Athlet träumt. Und das in einem WM-Finale. Für Cindy Roleder (SC DHfK Leipzig) war es schon ein Erfolg, dass sie dabei war in diesem Feld der acht besten Hürdensprinterinnen der Welt. Statt sich damit zufriedenzugeben und den Lauf zu genießen, legte die 25-Jährige alles rein und ihr gelang ein blitzsauberer Lauf - im Gegensatz zur Konkurrenz um Titelverteidigerin Brianna Rollins (USA; 4.; 12,67 sec), Tiffany Porter (Großbritannien; 5.; 12,68 sec) oder die Jahresschnellste Sharika Nelvis (USA; 8.; 13,06 sec).
Dafne Schippers läuft an Position drei der Geschichte
Fast schon in Überschall-Geschwindigkeit trommelten die Finalistinnen die 200-Meter-Strecke herunter. Durch ein starkes Finish schob sich Dafne Schippers (Niederlande) zum Schluss noch nach vorne und lief in 21,63 Sekunden Europarekord - der noch aus DDR-Zeiten stammte. Marita Koch war 1979 erstmals 21,71 Sekunden gelaufen. Heike Drechsler erreichte diese Zeit 1986. Weltweit waren in der Geschichte nur Weltrekordlerin Florence Griffith-Joyner (USA; 21,34 sec) und Marion Jones (USA; 21,62 sec) schneller.
Nur drei Hundertstel langsamer als die Ex-Siebenkämpferin war die Jamaikanerin Elaine Thompson (21,66 sec), die an Position fünf der Geschichte lief. Auch Veronica Campbell-Brown (Jamaika; 21,97 sec) blieb als Dritte noch unter 22 Sekunden.
Malaika Mihambo in starkem Feld Sechste
Sie ist gerade einmal 21 Jahre alt und hat bei ihrer zweiten WM nicht nur das Finale erreicht, sondern auch den Endkampf. Nach einem ersten ungültigen Sprung, machte Malaika Mihambo (LG Kurpfalz) in Durchgang zwei mit 6,79 Metern die besten Acht klar. Danach hätte sich die U23-Europameisterin gerne noch gesteigert. Doch dazu reichte es nicht mehr ganz, auch der Oberschenkel machte einen noch weiteren Satz schwierig. Mit Rang sechs stand am Ende die beste Platzierung einer DLV-Athletin seit 2007 zu Buche.
Die drei Medaillengewinnerinnen sprangen erstmals seit 1991 alle über sieben Meter. Im sechsten Durchgang holte Tianna Bartoletta nochmal alles aus sich heraus und setzte ihre Schnelligkeit in Weite um: Von Rang drei ging es dank 7,14 Metern noch vor auf den Goldrang. Zehn Jahre nach ihrem ersten Titel ist die US-Amerikanerin damit wieder ganz oben in der Welt.
Landesrekorde für Großbritannien (7,07 m) brachten Shara Proctor und die Kroatin Ivana Spanovic (7,01 m) Silber und Bronze.
Erstes Gold für Russland und den Gastgeber
Als erster Russe blieb Sergey Shubenkov über 110 Meter Hürden unter 13 Sekunden (12,98 sec) und sicherte seinem Land damit nicht nur die erste Goldmedaille der WM in Peking, sondern auch den ersten Titel in dieser Disziplin überhaupt. Der Jamaikaner Hansle Parchment (13,03 sec) gewann Silber vor Weltrekordler Aries Merritt (USA; 13,03 sec), der sich nach der WM einer Nieren-OP unterziehen muss.
Im 20 Kilometer Gehen der Frauen sorgte Favoritin Hong Liu für das erste Gold für Gastgeber China. Die Weltrekordlerin ging zeitgleich mit Landsfrau Xiuzhi Lu in 1:27:45 Stunden über die Ziellinie. Xiuzhi Lu blieb Silber. Die Bronzemedaille ging an die Ukrainerin Lyudmyla Olyanovska (1:28:13 h).
Zehnkampf-Trio auf Kurs
Im Zehnkampf liegt das DLV-Trio nach Tag eins gut im Rennen. Vor allem Rico Freimuth (SV Halle; 4.406 Punkte) überzeugte unter anderem mit 15,50 Metern im Kugelstoßen. Eine Bestleistung ist drin. Im Zwischenklassement liegt er auf Rang drei.
Kai Kazmirek (LG Rhein-Wied) hat dahinter bisher nur fünf Punkte weniger gesammelt. Michael Schrader (SC Hessen Dreieich; 4.355 Punkte) übernachtet als Fünfter. Weltrekordler Ashton Eaton (USA; 4.703 Punkte) ist schon davon gezogen. Der erste Kandidat für Silber ist der Kanadier Damian Warner (4.530 Punkte).
Alle DLV-Speerwerferinnen im Finale
In der Speerwurf-Qualifikation haben es die DLV-Speerwerferinnen spannend gemacht. Christin Hussong, Christina Obergföll, Linda Stahl und Katharina Molitor machten aber alle im dritten Versuch das Finale klar.
Das war eine unfreiwillige Nervenprobe für Christina Obergföll (LG Offenburg) in der Speerwurf-Quali, in der 63,50 Meter für den direkten Finaleinzug geforderten waren. Der erste Wurf landete außerhalb des Sektors, der zweite stürzte ab. Als allerletzte Werferin ihrer Gruppe musste es die Titelverteidigerin richten und sie spielte all ihre Erfahrung aus. 64,10 Meter in dieser Drucksituation bewiesen nicht nur, dass die 34-Jährige ihre Nerven im Griff hat, sondern auch, dass die Form da ist.
Auch die jüngste im Bunde brauchte im dritten Durchgang eine Steigerung: Christin Hussong (LAZ Zweibrücken) lag mit 61,00 Metern außerhalb der besten Zwölf. Mit 65,92 Metern feuerte die U23-Europameisterin dann nicht nur eine Bestleistung und einen U23-Europarekord raus, sondern auch die größte Weite der gesamten Konkurrenz. Linda Stahl (TSV Bayer 04 Leverkusen) war nach soliden 62,12 Metern auch noch einmal gefordert und legte die Quali-Weite nach: 63,52 Meter.
Katharina Molitor (TSV Bayer 04 Leverkusen) reichten 63,23 Metern auch Durchgang drei zum Weiterkommen und Gesamtrang neun. Auch Barbora Špotáková (Tschechische Republik; 65,02 m) machte einen starken Wurf, genau wie Lingwei Li (China; 65,07 m) oder Brittany Borman (USA; 64,22 m). Ein ausgeglichenes Finale steht am Sonntag (30. August) bevor.
Eike Onnen beeindruckt in der Hochsprung-Qualifikation
Bei den Hochspringern war am Freitag früh Geduld angesagt: 20 Athleten in der Qualifkationsgruppe A von Eike Onnen (LG Hannover) und 21 Athleten in Gruppe B von Mateusz Przybylko (TSV Bayer 04 Leverkusen) – da hieß es warten, dehnen, auflockern, Konzentration hoch halten. Dem erfahrenen Eike Onnen gelang das hervorragend: Bis einschließlich 2,29 Meter nahm er alle Höhen gleich im ersten Versuch, anschließend floppte er im zweiten Anlauf sicher über 2,31 Meter. Damit zog er zum zweiten Mal nach 2007 (damals wurde er Siebter) in ein WM-Finale ein.
Mateusz Przybylko erwischte ebenfalls mit zwei gültigen Versuchen über 2,17 und 2,22 Meter einen guten Start, bei 2,26 Metern musste der WM-Neuling dann allerdings die Segel streichen, auch wenn der zweite Sprung vielversprechend war.
Flugshow Teil I von Mutaz Essa Barshim
Goldverdächtige Sprünge zeigte in der Qualifikation vor allem einer: Mutaz Essa Barshim. Der Hallen-Weltmeister aus Katar überflog spielerisch alle geforderten Höhen und wird damit bei der Konkurrenz Eindruck geschunden haben. Nur bei 2,29 Metern leistete er sich einen kleinen Stolperer, der spätestens nach blitzsauberen 2,31 Metern wieder vergessen war.
Titelverteidiger Bohdan Bondarenko (Ukraine; 2,31 m) ließ deutlich weniger Luft zwischen sich und der Latte, kam aber ebenfalls souverän weiter. Großen Jubel gab’s für den Chinesen Guowei Zhang, der neben dem Kanadier Derek Drouin als einziger Hochspringer bis einschließlich 2,31 Meter eine weiße Weste behielt.
Eine Enttäuschung erlebte dagegen Olympiasieger Ivan Ukhov. Der Russe musste sich schon nach 2,26 Metern verabschieden. Mit Andriy Protsenko (Ukraine; 2,29 m) ist ein weiterer 2,40-Meter-Springer ausgeschieden. 2,29 Meter ohne Fehlversuch reichten schließlich, um die Runde der besten 14 zu erreichen. In dieser stehen mit etwas Zittern auch Italiens neuer Rekordhalter Gianmarco Tamberi und der Olympia-Zweite Erik Kynard (USA; beide 2,29 m).
Die DLV-Sprintstaffeln für die WM-Vorläufe stehen
Am Samstag (29. August) fallen bei der WM in Peking (China) die Startschüsse für die Sprintstaffeln – am Vormittag sind die Vorläufe, am Abend die Finals. Der Bundestrainer für den Sprint der Männer und Frauen, Ronald Stein hat am Freitag das Aufgebot bekannt gegeben.
Viele Leistungsträger und ein paar Überraschungen: Die beiden Sprint-Quartette, die der DLV am Samstag ins Rennen um den Finaleinzug schickt, stehen fest. Die Männer werden in der Besetzung Julian Reus (TV Wattenscheid 01), Sven Knipphals (VfL Wolfsburg), Alexander Kosenkow (TV Wattenscheid 01) und Aleixo-Platini Menga (TSV Bayer 04 Leverkusen) ins Rennen gehen.
Bei den Frauen kommen zwei U23-Staffel-Europameisterinnen zum Einsatz: Rebekka Haase (LV 90 Erzgebirge) übergibt den Stab an Alexandra Burghardt (MTG Mannheim), auf Position drei kommt die Jüngste im deutschen Team Gina Lückenkemper (LAZ Soest) zum Einsatz, Verena Sailer (MTG Mannheim) rennt wie bewährt die Zielgerade.
Der Startschuss für die Vorläufe der Frauen fällt um 12:00 Uhr Ortszeit (6:00 Uhr deutscher Zeit), die Männer sind wenig später um 12:20 Uhr (6:20 h) dran. Es finden jeweils zwei Vorläufe statt, aus denen die Top Drei sowie weitere zwei Zeitschnellste ins Finale einziehen.
Abschließend noch die Stimmen der DLV Sportler zu ihren Wettbewerben:
110 Meter Hürden (Frauen)
Cindy Roleder (SC DHfK Leipzig; 12,59 sec):
Für mich war das ein Super-Start. Ich kann es nicht fassen. Es war ein Superrennen, das Rennen meines Lebens. Da ist nicht mehr viel mit Nachdenken. Ich wusste, ich muss an Tiffany [Porter] dran bleiben. Hinten raus wusste ich um meine Stärke. Es hat einfach alles von der Technik gepasst. Meine Stärke ist der Zielspurt. Ich wusste, dass ich weit vorne war und dann habe ich gewartet. Als Platz zwei kam, ist mir kurz das Herz stehen geblieben. Ich hätte niemals gedacht, dass ich eine Medaille gewinne. Es ist ein Traum.
Weitsprung (Frauen)
Malaika Mihambo (LG Kurpfalz; 6,79 m):
Ich bin total glücklich! Die Top Acht waren mein Ziel, das allein war schwer genug zu erreichen. Die ungültigen Versuche waren sogar noch besser – es ist gut zu wissen, dass ich noch weiter springen kann. Nach dem zweiten Versuch hatte ich Schmerzen im Oberschenkel. So konnte ich nicht mehr richtig anlaufen, im fünften Versuch war ich dann schon 80 Zentimeter von der Zwischenmarke entfernt, daher habe ich auf den sechsten Versuch verzichtet. Im Wettkampf habe ich nur auf mich selbst geachtet, aber natürlich ist es eine riesen Sache, bei so einem Finale dabei zu sein, mit drei Sieben-Meter-Springerinnen. Jetzt müssen wir erst mal schauen, was mit dem Oberschenkel ist, bevor ich die nächsten Wettkämpfe planen kann. Die Physios und Ärzte haben ein Ultraschall-Gerät mit. Wenn ich Glück habe, ist es nur eine Verhärtung.
Zehnkampf (Männer)
Rico Freimuth (SV Halle; 4.406 Pkt)
Das war ein supergeiler erster Tag. Ich bin mega zufrieden. Alles läuft wie erwartet, die 400 Meter sogar noch besser, das war das Highlight! Im Kugelstoßen habe ich gezeigt, dass ich was dazu gelernt habe. Im Hochsprung war ich vier Zentimeter besser als in Götzis – so kann’s weitergehen!
Kai Kazmirek (LG Rhein-Wied; 4.401 Pkt)
Im Weitsprung habe ich mich geärgert. Der erste Versuch war Pech, knapp übergetreten. Dann bin ich etwas zurückgegangen, der zweite war ein Sicherheitssprung. Danach sollte ich wieder ein Stück vorgehen – der war dann wieder einen Zentimeter drüber. Das waren wahrscheinlich 7,70 oder 7,80 Meter. Dafür waren die letzten drei Disziplinen heute sehr gut. Beim Kugelstoßen hatte ich in der Vorbereitung sehr viele Probleme, dann habe ich im Training im letzten Stoß die Technik noch mal leicht umgestellt. Der Hochsprung läuft bei mir in diesem Jahr nicht so gut, ich habe Leistenprobleme – eine weiche Leiste. Eine Woche nach der WM liege ich deswegen schon unterm Messer. Daher waren die 2,10 Meter super. Das Highlight? Die 400 Meter gegen Ashton Eaton zu laufen! Bei 250 Metern habe ich noch gedacht: So schnell ist er doch gar nicht. In der Kurve habe ich dann gemerkt: Das war wohl nichts. Die Ausgangssituation vor dem zweiten Tag ist schwierig. Rico ist am zweiten Tag stärker als ich. Mein Ziel ist vor allem, gut durchzukommen und Spaß zu haben.
Michael Schrader (SC Hessen Dreieich; 4.355 Pkt)
„Auftakt nach missglücktem ersten Start mit 10,78 Sekunden über die 100 Meter dennoch gelungen. Im Weitsprung hab ich mal nicht bis zum dritten Versuch gewartet und schon im ersten mit 7,71 Metern meine beste Weite erzielt. Kugel war nach zwei wahnsinnig schlechten Stößen immerhin noch ganz akzeptabel mit letztendlich 14,32 Metern. Im Hochsprung ging es über 1,95 Meter. Leider dreimal knapp an der nächsten Höhe gescheitert. Im abschließenden 400-Meter-Lauf blieb die Uhr nach 47,12 Sekunden stehen!!!! Eine wahnsinns Zeit!!! Das macht bisher summa summarum 4.355 Punkte und Platz fünf nach dem ersten Tag. Ich würde sagen 'Lauerstellung'.“
Speerwurf (Frauen)
Christin Hussong (LAZ Zweibrücken; 65,92 m)
Das war super! Ich habe gewusst, dass ich die Qualifikation überstehen kann, obwohl es ein starkes Feld ist. Das Einwerfen war schon super, da habe ich gedacht, ich mache es nicht so spannend, für Mama und Papa. Mein Vater hat mich hier gecoacht, meine Mutter war auch mit dabei. Ich will gar nicht wissen, was bei ihr vor dem dritten Wurf los war. Es wäre schön, wenn ich diese Leistung noch mal im Finale zeigen kann. Als Medaillenkandidatin sehe ich mich nicht, klar, wenn ich einen raushaue, kann viel passieren. Aber die Top Acht wären schon schön – ach, eigentlich bin ich schon jetzt zufrieden. Schauen wir einfach mal, was passiert.
Christina Obergföll (LG Offenburg; 64,10 m)
Draußen war alles super! Ich bin reingegangen und habe gedacht: erster Wurf, zack, fertig! Aber das war wohl nichts. Drinnen war das Gefühl nicht wie draußen, ich habe das erste Mal überhaupt gedacht, ich hätte das Werfen verlernt. Dass ich als Letzte dran war, hat mir auch nicht so gut gepasst, da waren fast 30, 35 Minuten Break zwischen Einwerfen und Wettkampf. Ich könnte mir vorstellen, dass ich zu selbstsicher in die Qualifikation gegangen bin. Vor dem dritten Versuch ist mir das Herz dann wirklich unten aus der Hose rausgerutscht. Der Stein, der mir danach vom Herzen gefallen ist, war riesig. Was ich mitnehme? Dass man auch im Letzten noch einen ziehen kann, auch wenn mir das hoffentlich nicht noch mal passiert.
Linda Stahl (TSV Bayer 04 Leverkusen; 63,52 m)
Das Einwerfen war ziemlich schlecht, da musste ich den alten Hasen raushängen lassen, um mich da nicht verunsichern zu lassen. Die Würfe im Stadion… Mein Trainer hat gesagt, die waren um die 58 Meter, aber ich glaube, da hat er ein bisschen geflunkert. Der erste Versuch war mit 62 Metern solide, ich dachte, da setzte ich in der nächsten Runde als Bonbon einfach noch einen oben drauf. Aber vor dem letzten Durchgang war ich nur 13. – das hatte ich auch noch nie. Das sind meine fünften Weltmeisterschaften und ich bin noch nie in der Qualifikation ausgeschieden. 2011 in Daegu konnte ich nach dem Einwerfen verletzt nicht starten – dann kamen die Plätze acht, sechs und vier… Aber ich habe mir vorgenommen, das Finale hier einfach noch mal zu genießen. Ich bin hier an einem Punkt, an den ich es 2008 nicht geschafft habe. Das wird meine letzte Weltmeisterschaft sein, ich bin fast 30, irgendwann will ich auch mal ein normales Leben haben.
Katharina Molitor (TSV Bayer 04 Leverkusen; 63,23 m)
Der erste Versuch war ok, der zweite hat mich dann aber nervös gemacht. Der hat sich gut angefühlt, war er dann aber nicht. Das Wurfgefühl der weiten Würfe in diesem Jahr ist noch da, allerdings hatte ich im Trainingslager ein paar Probleme mit der Achillessehne, das hat mich etwas verunsichert.
Hochsprung (Männer)
Eike Onnen (LG Hannover; 2,31 m)
Nach dieser langen Zeit wieder "oben" - in Anführungsstrichen - angekommen zu sein ist toll! Es war ein ziemlich langer Weg, acht Jahre bis zum zweiten WM-Finale, aber der Entschluss, noch mal alles zu geben, fiel ja eigentlich erst 2014. Beim ersten Versuch über 2,31 Meter hatte ich einen kleinen Fehler auf den letzten Schritten, da war mein Körperschwerpunkt zu weit unten, dann kriegt man die Hüfte nicht mehr nach oben. Der zweite war dann super getroffen, auch wenn bei der Lattenüberquerung noch ein kleiner Fehler drin war. Insgesamt lief es richtig gut, damit hatte ich gar nicht unbedingt gerechnet. Ich bin auf jeden Fall zufrieden! Von der Konkurrenz will ich mich im Finale gar nicht groß beeinflussen lassen, das hat heute in der Qualifikation auch schon gut geklappt. Bis zum Finale sind's jetzt nur anderthalb Tage Pause, das habe ich diese Saison schon mal getestet. Wenn ich springe wie heute, dann kann es Richtung Bestleistung [2,34 m] gehen, die ist noch aus 2007.
Mateusz Przybylko (TSV Bayer 04 Leverkusen; 2,22 m)
Ich glaube, ich war heute fast zu locker drauf. Eigentlich hat alles gepasst, der zweite Sprung über 2,26 Meter war bombastisch, der war eigentlich hoch drüber. Das lange Warten hat mir nichts ausgemacht, aber in meinem Weg waren ständig Kameras, die musste ich wegschicken. Ich habe schon gemerkt, dass es hier etwas anderes ist, wenn alle bei 2,17 Meter einsteigen, bei Deutschen Meisterschaften geht es zum Teil schon bei 2,00 Meter los. An diesen höheren Höhen will ich mich orientieren. Ich bin ja noch jung. Es ärgert mich ein bisschen, dass es nicht geklappt hat. Aber das nächste Jahr ist viel wichtiger! Da geht es dann über das Finale in Amsterdam nach Rio.
Quelle: Jan-Henner Reitze / Silke Morrissey / Pamela Ruprecht (DLV)