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Neven Subotic: "Ich spiele gerne Fußball, aber nicht um jeden Preis!"

Archivmeldung vom 14.10.2010

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 14.10.2010 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Fußball-Europameisterschaft 2012
Fußball-Europameisterschaft 2012

Die Bilanz des am Dienstag wegen Krawallen serbischer Hooligans abgebrochenen EM-Qualifikationsspiels zwischen Italien und Serbien liest sich verheerend: 16 Verletzte, dazu 17 Personen in Haft. Der europäische Fußballverband Uefa ermittelt und droht mit Stadionverboten und Punktabzügen. Neven Subotic (Borussia Dortmund) war als serbischer Nationalspieler in der "Hölle von Genua" (Tuttosport). WAZ-Redakteur Thorsten Schabelon sprach mit Neven Subotic.

Herr Subotic, Sie waren beim Spielabbruch in Genua mittendrin. Neven Subotic: So etwas habe ich noch nicht erlebt. Die italienischen und die serbischen Fans waren nebeneinander in Blöcken, haben sich hochgeschaukelt. und unsere Fans wurden mit einem Wasserschlauch bespritzt. Dummerweise sind Sie leicht provozierbar. Kurz nach dem Anpfiff flog der erste Bengalo, dann der zweite, der dritte und als so ein Ding den italienischen Torwart am Fuß getroffen hat, war Schluss.

Hatten Sie zu diesem Zeitpunkt Angst? Nein, eigentlich nicht. Angst hatte ich nur vor dem Spiel. Da sind unglaubliche Sachen passiert.

Erzählen Sie.

Wir saßen im Mannschaftsbus vor unserem Hotel, waren abfahrbereit zum Stadion und haben noch auf einen Mitspieler gewartet. Plötzlich marschierten 40 serbische Hooligans die Straße runter und kamen zu unserem Bus. Wir dachten, okay, das sind unsere Fans. Dann sind fünf in unseren Bus gestiegen.

Was passierte weiter? Sie haben unseren Torwart Vladimir Stojkovic gesucht. Der ist von Roter Stern zu Partizan Belgrad gewechselt, das ist für die Hooligans noch schlimmer als ein Wechsel von Borussia Dortmund zu Schalke 04. Plötzlich ist die Situation eskaliert. Einer von den Typen hat im Bus, ganz in der Nähe von dem Hamburger Gojko Kacar, einen Bengalo angezündet, den hochgehalten und geschwenkt.

Mitten im Bus? Ja, unglaublich. Diese unglaubliche Hitze, der dichte Rauch, die dünne Luft und diese Enge. Du konntest nicht mehr atmen. Wir haben sofort die Köpfe runtergebeugt und versucht, am Boden Luft zu bekommen.

Gab es keinen Polizeischutz für Ihre Mannschaft? Doch. Aber die italienischen Polizisten standen draußen und haben uns demonstrativ den Rücken zugewendet. Irgendjemand hat das brennende Ding dann rausgeworfen. Wir hatten Glück. Ich hätte nie gedacht, dass ich so was mal erleben muss.

Ihnen und Ihren Mitspielern ist also nichts passiert? Aber der Schreck sitzt sicher tief. Das können Sie glauben. Noch mal: Das sind unsere eigenen Fans. Wir hatten alle Angst. Du weißt ja nicht, ob so jemand ein Messer dabei hat oder sonst noch was. Richtet sich die Gewalt jetzt gegen Spieler? Wie weit geht so jemand? Muss ich um mein Leben fürchten? Es ist so ein Gefühl der Unsicherheit, das dich quält. Und das hinterlässt Spuren. Ich spiele gerne Fußball, aber nicht um jeden Preis. So kann es nicht weitergehen.

Sie gelten als Typ, der abschalten kann und schnell zum nächsten Spiel übergeht. Ist das nach so einem Überfall möglich? Wie kann dich sowas unberührt lassen? Ich bin aber jetzt wieder beim BVB und spiele in der Bundesliga. Hier ist mir so etwas zum Glück noch nie passiert. Und hier fühle ich mich auch sicher.

Quelle: Westdeutsche Allgemeine Zeitung

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