Grüne und Datenschützer fordern Stopp der Vorratsdatenspeicherung
Archivmeldung vom 23.06.2017
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Freigeschaltet durch André OttNach einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Münster in Nordrhein-Westfalen gegen die deutsche Vorratsdatenspeicherung wird der Ruf nach einem generellen Stopp der Regelungen laut. "Das Gesetz muss wegen der gravierenden Rechtsunsicherheit, seiner hohen Risiken für die Grundrechte der Bürger und die Kosten für die Unternehmen sofort gestoppt werden", sagte der Vize-Chef der Grünen-Bundestagsfraktion, Konstantin von Notz, dem "Handelsblatt".
Die Große Koalition sei "vorsätzlich in diese Blamage reingelaufen". Aus Sicht der Datenschutzbeauftragten von Schleswig-Holstein, Marit Hansen, könnte die Bundesnetzagentur aktiv werden.
"Da das Urteil unabhängig von dem Einzelfall des Klägers ist, wäre es nur logisch, wenn die Bundesnetzagentur den Schluss zöge, die Vorratsdatenspeicherung für alle auszusetzen", sagte Hansen der Zeitung. Die Bundesnetzagentur habe zwar auch die Möglichkeit, die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts abzuwarten, denn dort sei bereits eine Klage gegen die Vorratsdatenspeicherung anhängig, sagte Hansen weiter. Sie fügte aber hinzu: "Im Sinne einer Gleichbehandlung aller Provider und im Sinne des Datenschutzes hielte ich eine sofortige Aussetzung der Speicherpflicht für alle geboten."
Ähnlich äußerte sich der Vorsitzende der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF), Ulf Buermeyer. "Sinnvoll wäre es, wenn die Bundesnetzagentur die Konsequenzen aus der Entscheidung zieht und die Vorratsdatenspeicherung insgesamt aussetzt", sagte er der Zeitung. "Das würde hunderte Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Köln sparen."
Denn jeder Provider, der dort einen Eilantrag stelle, werde von den Speicherregeln befreit. Formal gelte der Gerichtsbeschluss zwar nur für den klagenden Telekommunikationsanbieter aus München, gab Buermeyer zu bedenken, "aber die Begründung des Gerichts ist eindeutig: die Grundlagen der Vorratsdatenspeicherung im Telekommunikationsgesetz sind komplett europarechtswidrig", sagte der Rechtsexperte. "Die Entscheidung bedeutet das Aus für die Vorratsdatenspeicherung in Deutschland." Betroffene Unternehmen seien daher schon unter Compliance-Gesichtspunkten verpflichtet, einen solchen Eilantrag zu stellen, "um die enormen Kosten der Vorratsdatenspeicherung zu vermeiden".
Quelle: dts Nachrichtenagentur