CDU-Abeitsmarktexperte Brauksiepe: Große Koalition erfüllt nicht Hartz-Forderungen von Ottmar Schreiner
Archivmeldung vom 15.05.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittBei den Nachbesserungen der Hartz-Gesetze deutet sich Streit innerhalb der Großen Koalition an. Vor allem in der Union regt sich Widerstand gegen die Kritik des SPD-Bundesvorstandsmitglieds Ottmar Schreiner, der gefordert hatte, die Hartz-Gesetze ganz abzuschaffen und im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit wirkungsvollere Instrumente einzusetzen.
Ralf
Brauksiepe, Arbeitsmarktexperte der CDU, stellt in der "Leipziger
Volkszeitung" (Montag-Ausgabe) klar: "Die große Koalition wird ganz
sicher nicht die Forderung von Herrn Schreiner erfüllen."
Man sei mit dem Optimierungsgesetz auf einem guten Weg,
"erhebliche Fehlentwicklungen bei Hartz IV zu korrigieren". Allein
die Kürzung bei Leistungen für bislang anspruchsberechtigte
Jugendliche würden aufs Jahr gesehen rund 600 Millionen Euro an
Einsparungen bringen. "Diese Änderungen müssen erst mal in Kraft
treten, bevor man sagen kann, das ist unzureichend", so Brauksiepe.
Allerdings warnte der CDU-Arbeitsmarktexperte davor, dass mit dem
Optimierungsgesetz das Thema Hartz für die Legislaturperiode durch
sei. "Wir müssen sicher wegen der Haushaltskonsolidierung weiter am
Thema dranbleiben und notwendige Anpassungen vornehmen." So ist es
"durch die Umorganisation der Verfahren zu einer erheblich höheren
Inanspruchnahme von Leistungen gekommen." Hier gebe es sicher noch
Änderungsbedarf, um die Kosten im Rahmen zu halten. " Wir dürfen uns
aber nicht jede Woche von einer neuen Prognose verunsichern lassen",
so Brauksiepe.
Der sächsische Bundestagsabgeordnete Manfred Kolbe (CDU) sagte der
Zeitung: "Wenn wir im Herbst immer noch eine Arbeitslosigkeit von bis
zu fünf Millionen haben, reicht die Debatte um die Hartz-Gesetze
nicht aus." Natürlich sei bei der Grundsicherung in einigen Teilen
übertrieben worden. So könne man nicht jedem 18-Jährigen eine Wohnung
finanzieren. Auch das Nebeneinander von Arge und kommunaler Betreuung
der Arbeitslosen sei nicht ideal. "Ich bin für eine flächendeckende
Kommunalisierung und eine teilweise Privatisierung der
Arbeitsvermittlung", so Kolbe. Doch wenn man strukturell das Problem
angehen will, käme man um eine Reform des Arbeitsmarktes nicht herum.
"Es kann nicht sein, dass wir im internationalen Vergleich
Urlaubsweltmeister sind und uns Arbeitszeiten von unter 40 Stunden
leisten. Das lässt Unternehmen abwandern." Und auch beim
Kündigungsschutz müsse man umdenken. "Nicht um Unternehmensgewinne zu
steigern, sondern um Menschen ohne Jobs wieder eine Chance auf
Einstellung zu geben", so Kolbe.
Die stellvertretende Vorsitzende der Linkspartei Katja Kipping
sieht dagegen kaum Chancen auf Verbesserungen für Arbeitslose. "Die
Erkenntnis, dass man mit kosmetische Korrekturen bei den
Hartz-Gesetzen nicht weiterkommt, ist richtig. Nur die
Schlussfolgerung ist falsch: Hartz IV darf nicht weiter verschärft
werden", sagte Kipping der Zeitung. "Wenn noch mehr bei Erwerbslosen
gespart werden soll und zusätzliche Schikanen auf die Betroffenen
zukommen, dann ist das ganz eindeutig der falsche Weg." Leider gebe
es eindeutige Signale der großen Koalition in diese Richtung.
Kipping verwies auf einen eigener Antrag der Linkspartei im
Bundestag. Danach soll es statt dem Arbeitslosengeld II eine soziale
Grundsicherung geben. Notwendig sei auch eine Handlungsfreiheit, aus
politischen und religiösen Gründen nicht jede Arbeit annehmen zu
müssen. Die Arbeitsagenturen müssten zudem wieder mehr Zeit für die
Stellenvermittlung investieren. "Anstatt die Menschen
auszuspionieren, sollte wieder mehr Energie für Beratung und
Vermittlung der Arbeitslosen aufgebracht werden", so Kipping.
Quelle: Pressemitteilung Leipziger Volkszeitung