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Kein Grund zur Entwarnung: Paritätische Studie belegt dramatische Kinderarmut durch Hartz IV

Archivmeldung vom 29.02.2012

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 29.02.2012 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Der Deutsche Paritätische Wohlfahrtsverband – Gesamtverband e. V.. (Der Paritätische) Logo
Der Deutsche Paritätische Wohlfahrtsverband – Gesamtverband e. V.. (Der Paritätische) Logo

Vor einer Verhärtung der Kinderarmut in Deutschland auf hohem Niveau warnt der Paritätische Wohlfahrtsverband in einer neuen Studie. Der Verband fordert eine arbeitsmarktpolitische Kehrtwende, die bessere Unterstützung von Alleinerziehenden sowie eine Totalreform der Hartz IV-Leistungen für Kinder.

"Es gibt keinen Anlass zum Jubel. Wir haben in Deutschland nach wie vor eine skandalös hohe Kinderarmut. Die gute Arbeitsmarktentwicklung kommt bei Kindern in Hartz IV kaum an", so Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen. Zwar zeichne sich in allen ostdeutschen Bundesländern ein deutlich positiver Trend ab, doch verharre der Anteil armer Kinder bundesweit seit Einführung von Hartz IV auf fast gleichbleibend hohem Niveau: Jedes siebte Kind unter 15 Jahre lebe von Hartz IV, in Ostdeutschland sogar jedes vierte. Besonders besorgniserregend sei die Entwicklung im Ballungsraum Ruhrgebiet, wo die Kinderarmut seit Jahren stetig ansteigt. "Die Hartz IV-Quote im Revier liegt mit 25,6 Prozent mittlerweile höher als in Ostdeutschland, Gelsenkirchen steht mit einer Quote von 34,3 Prozent schlechter da als Berlin", warnt Schneider. Die Entwicklung in Städten wie Mülheim oder Hamm mit Zuwächsen von bis zu 48 Prozent in fünf Jahren komme einem armutspolitischen Erdrutsch gleich, der nicht länger ignoriert werden dürfe.

Nach der Studie, die auch Ländertrends abbildet, sind kinderreiche Familien und Alleinerziehende besonders gefährdet, und zwar unabhängig von ihrem Wohnort oder wirtschaftlichem Umfeld. Selbst im wirtschaftsstarken Baden-Württemberg lebe jede dritte Alleinerziehende mit ihren Kindern von Hartz IV. Scharfe Kritik übt der Verband in diesem Zusammenhang an der Arbeitsmarktpolitik der Bundesregierung: "Durch die aktuellen Kürzungen drohen insbesondere auch Alleinerziehende und ihre Kinder zu Opfern einer neuen Zwei-Klassen-Arbeitsmarktpolitik zu werden. Der Fokus auf den Ausbau der Kinderbetreuung greift zu kurz. Die Hälfte der Frauen hat keinen Berufsabschluss. Ohne passgenaue Hilfen bei der Qualifizierung und ohne öffentlich geförderte Beschäftigungsangebote wird man den meisten Alleinerziehenden im Hartz IV-Bezug nicht helfen können", so Schneider.

Neben einer arbeitsmarktpolitischen Kehrtwende fordert der Paritätische eine Reform des Kinderzuschlags sowie der Hartz IV-Leistungen selbst: "Wir brauchen eine kräftige Erhöhung der Kinderregelsätze, eine echte schulische Bildungsoffensive sowie einen Rechtsanspruch für einkommensschwache Kinder auf Teilhabe - vom Sportverein über die Musikschule bis zur Ferienfreizeit mit dem Jugendclub."

Quelle: Paritätischer Wohlfahrtsverband (ots)

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