Heftige Kritik der Polizeigewerkschaften an BKA-Gesetz
Archivmeldung vom 18.11.2008
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Freigeschaltet durch Oliver RandakDie drei deutschen Polizeigewerkschaften haben das BKA-Gesetz massiv kritisiert und fordern Nachbesserungen. Eine Umsetzung in der vorliegenden Form wird aber ohnehin immer unwahrscheinlicher. Nach Sachsen und Schleswig-Holstein hat nun auch die SPD in Sachsen-Anhalt Widerstände im Bundesrat angekündigt.
Die drei deutschen Polizeigewerkschaften haben das BKA-Gesetz massiv kritisiert und die Bundesregierung aufgefordert, sich Nachbesserungen nicht länger zu verschließen. Der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Rainer Wendt, sagte im Gespräch mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung": Das Bundeskriminalamt benötige ein rechtstaatlich einwandfreies Gesetz, das vor dem Verfassungsgericht Bestand habe. "Wer mit dem BKA-Gesetz in der Hand mit dem Kopf durch die Wand will, der steht am Ende mit leeren Händen da." Wendt hält "insbesondere die Vorschriften zur Online-Durchsuchung für misslungen". Bei Online-Razzien müsse von Anfang an ein Richter dabei sein.
Ähnlich äußerte sich die Gewerkschaft der Polizei (GdP). GdP-Chef Konrad Freiberg warf der Bundesregierung vor, bei der Kontrolle von Online-Durchsuchungen eine "Billiglösung" anzustreben. "Man ist offensichtlich nicht bereit, für die Kontrolle von Online-Durchsuchungen neue Richterstellen zu schaffen." Ein effektiver Rechtsstaat habe aber seinen Preis, die geplante Selbstkontrolle des Bundeskriminalamtes sei unzureichend, kritisierte Freiberg. Wie Wendt forderte er die Koalition auf, "das BKA-Gesetz in den anstehenden Verhandlungen mit den Ländern noch entscheidend zu verbessern".
Auch der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) dringt auf Nachbesserungen. "Union und SPD haben in einigen Punkten faule politische Kompromisse gemacht, die vom Tisch gehören", sagte BDK-Chef Klaus Jansen. So sei es aus fachlicher Sicht nicht notwendig, dem BKA Online-Durchsuchungen auch ohne vorherigen richterlichen Beschluss zu ermöglichen, weil "Eilfälle in der Praxis kaum denkbar sind".
Der Vorsitzende des Richterbunds, Christoph Frank, sagte der Zeitung: "Ich halte eine möglichst effektive justizielle Kontrolle der Online-Durchsuchung wegen der Schwere des Grundrechtseingriffs für unverzichtbar." Ob der absolut geschützte Kernbereich der Privatsphäre bei Durchsuchungen betroffen sei, müsse ein unabhängiger Richter beurteilen.
Die Zustimmung des Bundesrates wird hingegen immer unwahrscheinlicher. Nach der SPD in Sachsen und Schleswig-Holstein haben jetzt auch die Sozialdemokraten in Sachsen-Anhalt Widerstand gegen das Gesetz zur Ausweitung der Befugnisse des Bundeskrimalamts zur Terrorabwehr angekündigt. "Ich gehe davon aus, dass wir dem Gesetz nicht zustimmen werden", sagte Franz Stänner, der Sprecher des stellvertretenden Ministerpräsidenten Jens Bullerjahn (SPD), der "Berliner Zeitung". Eine entsprechende Vereinbarung mit dem Koalitionspartner CDU gebe es aber noch nicht.
Am Sonntag hatte ein SPD-Landesparteitag in Sachsen die SPD-Vertreter in der schwarz-roten Landesregierung aufgefordert, das Gesetz abzulehnen. Auch in der schwarz-roten Landesregierung in Schleswig-Holstein verlangt die SPD Nachbesserungen. Sie will daher den Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat anrufen. Die Bundes-CDU hat jedoch nachträglichen Änderungen bereits eine Absage erteilt und der SPD Unzuverlässigkeit vorgeworfen. Wegen der kritischen Haltung der FDP zum BKA-Gesetz wird erwartet, dass die vier Landesregierungen mit Beteiligung der Liberalen im Bundesrat ebenfalls nicht zustimmen werden. Damit hat das Gesetz im Bundesrat in der vorliegenden Fassung keine Chance.
Das Gesetz soll dem Bundeskriminalamt bei akuter Terrorgefahr erstmals die heimliche Durchsuchung privater Computer sowie das Abhören und die Videoüberwachung von Wohnungen erlauben. Erstmals soll das BKA nicht nur begangene Straftaten verfolgen, sondern Anschlagspläne vereiteln. Der Bundestag hatte am Mittwoch mit den Stimmen der Koalition zugestimmt. 26 SPD-Abgeordnete verweigerten das Ja. Die Opposition lehnte das Gesetz geschlossen ab, da es in die Privatsphäre eingreife und den Grundrechtsschutz gefährde.