bpt-Präsident fordert Arbeitszeitflexibilisierung zur Erhaltung des flächendeckenden tierärztlichen Notdienstes
Archivmeldung vom 16.01.2020
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Freigeschaltet durch André OttTraditionell im Vorfeld der Grünen Woche fand gestern der Neujahrsempfang des Bundesverbandes Praktizierender Tierärzte (bpt) in der Deutschen Parlamentarischen Gesellschaft in Berlin statt. 60 Gäste aus Bundestag, Bundesregierung, Wissenschaft, Verbänden und Tierärzteschaft waren der Einladung gefolgt.
Thema Nummer 1 war die Notdienstkrise. "Mit der GOT-Notdienstnovelle hat das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) zwar einen ersten richtigen Schritt nach vorne gemacht. Allein mehr Geld reicht jedoch nicht aus, um den tierärztlichen Notdienst flächendeckend über alle Tierarten zu erhalten", machte bpt-Präsident Dr. Siegfried Moder in seiner Ansprache deutlich. Zusätzlich sei eine Flexibilisierung beim Arbeitszeitrecht nötig. Nur mit einer Verkürzung der Ruhezeitregelung sei in Zeiten von Tierärztemangel eine funktionierende Lösung machbar, wenn die bestehende Notdienststruktur nicht zusammenbrechen und damit der Tierschutz gefährdet werden soll, erläuterte Moder das Problem und begrüßte in diesem Zusammenhang den Vorschlag von Bundesminister Altmeier für eine wöchentliche Höchstarbeitszeit.
Auch die Tierseuchenbekämpfung brauche eine flexible Handhabung des Arbeitszeitgesetzes. Die dramatische Entwicklung der Afrikanischen Schweinepest, über die der Präsident des europäischen Praktikerverbands UEVP, Dr. Piotr Kwiecinski, berichtete, machte das eindrucksvoll deutlich. "Wer glaubt, dass mit einem starren 10-Stunden-Tag die Bekämpfung dieser Seuche möglich ist, der wird sein blaues Wunder erleben. Zeit für die Beantragung von Ausnahmegenehmigungen bleibt im Ernstfall auch nicht", komplettierte der bpt-Präsident das Seuchenszenario.
Ergänzend zu den notwendigen gesetzlichen Änderungen könnte nach Moders Ansicht auch die mobile Tiernotfall-App Tino dazu beitragen, das Notdienstproblem zu minimieren. Mitentwickler Johannes Schmidt-Mosig stellte den Gästen die von Tierärzten mit Unterstützung des bpt entwickelte digitale Lösung vor, die im Sommer auf den Markt gebracht werden soll.
Über die Notdienstproblematik hinaus bereitet dem bpt-Präsidenten die Idee des BMEL Sorgen, die Umsetzung der Europäischen Tierarzneimittelverordnung mit einem eigenständigen Tierarzneimittelgesetz zu verbinden. Auch wenn inhaltlich einiges dafürspricht, hält Moder den Zeitpunkt für völlig verfehlt. Er appellierte deshalb an die Vertreter des Ministeriums, erst einmal die Umsetzung des Europäischen Rechts abzuarbeiten und dann gesondert in aller Ruhe und mit der notwendigen Umsicht die Frage eines eigenständigen Tierarzneimittelgesetzes zu diskutieren. Eile sei aus seiner Sicht nicht geboten.
Dagegen hoffe er sehr, dass das BMEL in diesem Jahr endlich die Initiative ergreift und gemeinsam mit Tierärzteschaft und Landwirtschaft über die verpflichtende Bestandsbetreuung im Rahmen der Umsetzung des EU-Tiergesundheitsrechts diskutiert. "Eine Forderung, die wir schon seit vielen Jahren erheben, weil wir glauben, dass mit mehr tierärztlicher Beratung auf den Höfen nicht nur die Tiergesundheit verbessert wird, sondern auch ein aktiver Beitrag zum Tierschutz geleistet werden kann", bekräftigte Moder. Der bpt habe inhaltlich bereits vorgelegt und die vor nunmehr gut 10 Jahren entwickelten Leitlinien Bestandsbetreuung im letzten Jahr aktualisiert. Geklärt werden müsse die Frage der Besuchsfrequenz und vor allem die Bezahlung dieser Bestandsbetreuungsbesuche. "Wenn es dem Staat ernst ist mit mehr Tierschutz in den Ställen, dann sollte der Landwirt auch eine staatliche Bezuschussung für diese Bestandsbesuche bekommen", findet Moder.
Quelle: Bundesverband Praktizierender Tierärzte e.V. (ots)