Chaos Computer Club zeigt prinzipielle Sicherheitslücken beim Hamburger Wahlstift
Archivmeldung vom 09.11.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDer Chaos Computer Club hat bei der Anhörung des Verfassungssausschusses der Hamburger Bürgerschaft einen grundlegenden Angriff gegen das Digitale Wahlstift System (DWS) vorgeführt. Die Demonstration zeigt, dass das für das DWS verwendete "Digitale Papier" manipulierbar und fälschbar ist.
Ein Wahlfälscher kann mit moderatem Aufwand und handelsüblichen Werkzeugen Wahlzettel erstellen, auf denen das elektronische Wahlergebnis nach seinen Vorgaben manipuliert wird. Frank Rieger, Sprecher des CCC, bemerkte: "Für den Wähler und für den Wahlvorstand gibt es keine praktikable Möglichkeit, gefälschte Wahlzettel zu erkennen." Der Wähler kreuzt etwa die Partei A an, seine Stimme wird aber für Partei B gezählt, ohne dass er darüber Kenntnis erlangt. "Dem Wähler wird also eine Papierwahl nur vorgegaukelt, die in Wirklichkeit eine manipulierbare Computerwahl ist", so Rieger. Probleme mit der komplizierten, unausgereiften Technik zeigten sich auch in einigen "Schnupperwahllokalen" in Hamburg, wo die Digitalen Wahlstifte wegen "technischer Mängel" keine korrekten Stimmen zählen konnten.
Der CCC dokumentiert auf einem Video, das die einfache Manipulationsmöglichkeit zeigt, dass das Misstrauen der Hamburger Bürger gegen den Wahlstift berechtigt ist. Ebenso wie bei den NEDAP-Wahlcomputern, denen über 45.000 Menschen kein Vertrauen mehr entgegen bringen, bleibt auch beim Wahlstift das grundlegende Problem, dass der Wähler nicht in den Computer hineinsehen kann.
Das Bundesinnenministerium (BMI) hält unterdessen weiterhin an computerisierten Wahlen fest. Es erteilte trotz der Ergebnisse der niederländischen Untersuchungskommission und dem Aus der NEDAP-Wahlcomputer im Nachbarland sogar einer neuen Version der umstrittenen Computer eine Zulassung für Bundestags- und Europawahlen. Zwar räumt das BMI ein, die massive internationale Kritik an computerisierten Wahlen zur Kenntnis genommen zu haben, glaubt aber weiterhin, dass der Wahlcomputer den "Anforderungen an demokratische Wahlen voll entspricht". "Das grundlegende Problem der fehlenden Überprüfbarkeit des Ergebnisses und der mangelnden Transparenz der Computerwahl wird vom Bundesinnenministerium weiterhin ignoriert", kommentierte CCC-Sprecher Frank Rieger.
Dennoch werden nun neue Sicherheitsplacebos durch Änderung der prozedurale Sicherheitsvorkehrungen eingeführt. Dazu wurden nur die Bedienungsanleitungen überarbeitet, jedoch ohne verbindliche rechtliche Vorgaben für die Gemeinden. Damit räumt das BMI indirekt die Manipulierbarkeit der Computer ein, zieht jedoch nicht die notwendige Konsequenz: die Rücknahme der Verwendungsgenehmigung. Ein Nachzählen der Stimmen und damit die Aufklärung von Wahlbetrug ist weiterhin unmöglich. Daher erneuert der CCC seine Forderung an das BMI, den Einsatz der unsicheren und undurchsichtigen Wahlcomputer und die damit verbundene Verschwendung von Steuergeldern umgehend zu unterbinden.
Der Chaos Computer Club ruft alle seine Mitglieder und Sympathisanten auf, sich bei zukünftigen Kommunal-, Landtags-, Europa- und Bundestagswahlen als freiwillige Wahlhelfer in ihren Gemeinden zu melden. Immer wieder wird als Begründung für den Einsatz der Wahlcomputer die mangelnde Bereitschaft von Bürgern betont, diesen wichtigen ehrenamtlichen Beitrag zur Sicherung unserer Demokratie zu leisten. Deshalb: Hacker zu Wahlhelfern! CCC-Sprecher Frank Rieger betont jedoch: "Gerüchte, dass der CCC e. V. zur Zeit die Gründung einer Partei erwägt, entbehren jeder Grundlage."
Quelle: Pressemitteilung CCC