Verteidigungsministerium warnt vor russischer Aufrüstung
Russland rüstet nach Einschätzung des Bundesverteidigungsministeriums über den Bedarf seiner Truppen in der Ukraine hinaus auf und bereitet sich auf einen möglichen Krieg mit dem Westen vor. "Wir beobachten, dass die russischen Streitkräfte ihre enormen personellen und materiellen Verluste aus eigener Kraft und mit Unterstützung ihrer Partner nicht nur kompensieren können, sondern dass sie erfolgreich aufrüsten", sagte Generalmajor Christian Freuding der "Welt am Sonntag".
"Die russische Armee hat Monat für Monat mehr Panzer, mehr Munition,
mehr Raketen, mehr Drohnen. Die Produktion wächst, die Vorräte in den
Depots wachsen." Zwar sei ein Angriff der russischen Armee auf das
Nato-Bündnis in den kommenden Jahren keinesfalls gesetzt, "aber Moskau
schafft eindeutig die Voraussetzungen dafür", so Freuding, Leiter des
Planungs- und Führungsstabs im Verteidigungsministerium.
Moskaus
Armee wachse trotz hoher Verluste in der Ukraine, heißt es aus deutschen
Sicherheitskreisen. Demnach rekrutiert Moskau derzeit rund 30.000
Soldaten pro Monat. Wladimir Putin hatte im vergangenen Jahr angeordnet,
die reguläre Armee auf insgesamt 1,5 Millionen aktive Dienstangehörige
zu erhöhen. Russland produziert zudem rund 3.000 Gleitbomben pro Monat,
die je nach Modell bis zu drei Tonnen schwer sind. Wie enorm Putin sein
Land auf Kriegswirtschaft umgestellt hat, zeigt sich auch im
Drohnensektor. Firmen und Freiwillige stellen knapp eineinhalb Millionen
sogenannter First-Person-View (FPV) pro Jahr her.
Marie Agnes
Strack-Zimmermann (FDP), Vorsitzende des Ausschusses für Sicherheit und
Verteidigung im Europäischen Parlament, stuft die Aufrüstung als
"riesige Bedrohung" für Deutschland und Europa ein. "Russland verfügt
über eine beeindruckende Truppenstärke und eine Vielzahl an
verschiedenstem wirkungsstarkem Gerät", sagte Strack-Zimmermann der
"Welt am Sonntag". Trotz westlicher Sanktionen habe Russland seine
Rüstungsindustrie und ihre Produktionskapazitäten ausbauen können.
Jedoch schränkten Qualitätsprobleme und Abhängigkeiten von ausländischen
Technologien den Erfolg ein.
Verteidigungsexperte Roderich
Kiesewetter (CDU) betrachtet Russlands hybride Angriffe in Europa als
"Vorstufe des Kriegs". Der Kreml bereite das Gefechtsfeld vor. Dies
umfasse auch Spionageaktivitäten und massive Attacken im
Informationsraum. "Ich halte einen Angriff auf ein Nato-Land, zum
Beispiel das Narwa-Szenario, für sehr wahrscheinlich, eher in ein bis
drei Jahren", sagte Kiesewetter in der "Welt am Sonntag". Auch
Militäranalyst Nico Lange hält einen weiteren russischen Angriff in
Europa für realistisch. "Russische kombinierte Angriffe mit Drohnen,
Marschflugkörpern und Raketen sind leider in naher Zukunft im Bereich
des Möglichen. Einsätze von Spezialtruppen ohne Hoheitsabzeichen und
handstreichartige Angriffe gegen Ziele in Polen, im Baltikum, im
Ostseeraum oder an der Südostflanke auch."
Quelle: dts Nachrichtenagentur