Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Böhmer (CDU): "Wir brauchen keine Plankommission in Berlin"
Archivmeldung vom 07.08.2006
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Freigeschaltet durch Jens BrehlSachsen-Anhalts Ministerpräsident Wolfgang Böhmer (CDU) warnt vor zu viel Einfluss des Bundes auf die Politik der Länder.
Zu Vorschlägen nach einer Konzentration der Fördermittel auf
Zukunftsregionen im Osten, wie sie etwa Bundesminister Wolfgang
Tiefensee (SPD) vorschlägt, sagte Böhmer dem Berliner "Tagesspiegel"
(Montagausgabe): "Wir wollen nicht, dass das Geld in Berlin verteilt
wird. Es geht nicht, dass die Bundesregierung konkret bestimmt,
wohin das uns zustehende Geld fließt. Das ist nicht verfassungsgemäß,
es passt nicht zum föderalen System. Dann können wir ja gleich eine
zentrale Plankommission in Berlin einsetzen, die über
Förderwürdigkeit entscheidet." Böhmer befürchtet, dass hier "eine
neue staatliche Hierarchie aufgezwungen" werden soll. Statt dessen
sollten weiter die Länder bestimmen, wo das Geld hinfließt, "und
kein ostdeutsches Land betreibt heute noch Förderung nach dem
berühmten Gießkannenprinzip. Insofern geht die Kritik fehl, die
Förderung sei zu wenig konzentriert."
Als "absurd" bezeichnete der Magdeburger Regierungschef die
Vorstellung, dass in hoch verschuldeten Ländern ein Sparkommissar
des Bundes eingreifen sollte. "Das geht nach unserer Verfassung
nicht, weil der Bund nicht die Politik in den Ländern verantwortet.
Länder mit hohen Schulden müssen selbst sehen, wie sie da
herauskommen."
Um die Verschuldung abzubauen, schlug Böhmer vor, künftig auf die Kofinanzierung von Finanzhilfen des Bundes durch die Länder zu verzichten. "Das wäre eine wesentliche Hilfe. Zudem will Böhmer mit den anderen Ländern eine Verständigung über die Begrenzung der Ausgaben erreichen. "Dass so genannte Nehmerländer im Finanzausgleich in bestimmten Bereichen mehr Geld ausgeben als Geberländer, etwa für die Kindergärten, indem man ein kostenloses letztes Jahr quasi mit dem Geld anderer finanziert, das wird künftig nicht mehr zu machen sein."
Zudem schloss sich Böhmer dem Vorschlag an, Solidarpaktmittel auch
zum Abbau von Schulden einsetzen zu dürfen. "Das halte ich für eine
denkbare Möglichkeit, es würde die Zinslast senken. Man sollte das im
Rahmen der weiteren Föderalismusreform diskutieren", sagte er.
Einen Entschuldungspakt "nach dem Motto, alle kommen für die
Schulden von einigen auf", lehnte Böhmer ab. "Für das, was ein Land
eigenverantwortlich entschieden hat, müssen nicht andere aufkommen."
Entsprechend lehnte er auch eine einseitige Entschuldung der
Bundeshauptstadt ab. "So lange Berlin nachweisbar in einigen
Bereichen immer noch höhere Pro-Kopf-Ausgaben hat als andere
deutsche Großstädte, so lange muss Berlin seine Probleme allein
lösen."
Vorstellen kann sich Böhmer, das Mischsystem bei der Umsatz- und der Einkommensteuer aufzugeben und jeweils eine Steuerart komplett an Bund und Länder zu geben, wie es auch Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) vorgeschlagen hat. Böhmer: "Ein solches Trennsystem wäre eine wesentliche Vereinfachung der politischen Konfliktlage. Man müsste zwar schauen, ob dann die jeweiligen Aufgaben auch adäquat finanziert sind, aber das ist lösbar."
Quelle: Pressemitteilung Der Tagesspiegel