"Hauptsache gesund": Spahn-Vorschläge zu Pflegepersonalmangel sind realitätsfremd
Archivmeldung vom 27.09.2018
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Freigeschaltet durch André OttDie Reformvorschläge von Gesundheitsminister Jens Spahn für die Lösung des Personalproblems in der Pflege gehen an der Realität vorbei. Das schätzen die Pflegewissenschaftler Prof. Thomas Fischer (Evangelische Hochschule für Pflege, Dresden) und Dr. Patrick Jahn (Pflegeforschung an der Uniklinik Halle) im Gespräch mit dem MDR-Gesundheitsmagazin "Hauptsache gesund" übereinstimmend ein. Spahn hatte vorgeschlagen, den Personalmangel im Pflegesektor mit Mehrarbeit und/oder einem sozialen Pflichtjahr zu beseitigen.
Prof. Thomas Fischer sagt zu den Spahn-Vorschlägen: "Besonders im Osten Deutschlands arbeiten viele Pflegekräfte tatsächlich in Teilzeit. Sie können aber gar nicht mehr Stunden arbeiten, da sie wegen der schlechten Bezahlung oft auf Nebenjobs angewiesen sind." Außerdem würden gerade im ambulanten Bereich von vornherein von den Trägern oft nur Teilzeitverträge ausgegeben. Fischer fordert, regionale Unterschiede bei der Bezahlung abzuschaffen, besser bezahlte Teilzeit- und Vollzeitverträge anzubieten, vernünftige Arbeitszeiten und eine generelle Wertschätzung des Pflegeberufs - nur so könne die Branche attraktiv für neue Arbeitskräfte werden.
Dr. Patrick Jahn (u.a. Vertreter im Deutschen Pflegerat) pflichtet dem bei: "Entgegen Spahns Vorstellungen machen die Mitarbeiter in den Pflegeberufen, die Teilzeit arbeiten, das oft nicht freiwillig." Zweitens würden viele der Belastung einer Vollzeittätigkeit nicht standhalten, da die Betreuung zu arbeitsintensiv sei. "Es kommen zu viele Patienten auf eine Kraft, Zeit für Zuwendung bleibt auf der Strecke, es kann nur abgearbeitet werden", beschreibt Dr. Jahn das Pflegefiasko.
"Hauptsache gesund", donnerstags, 21.00 Uhr, MDR-Fernsehen www.mdr.de/hauptsache-gesund www.facebook.com/MDRHauptsachegesund
Quelle: MDR Exklusiv-Meldung (ots)