Robert Habeck: "Selbstkritik hat in der Politik keinen Platz"
Archivmeldung vom 26.04.2019
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Freigeschaltet durch André OttDer Bundesvorsitzende der Grünen, Robert Habeck, war gestern Abend zu Gast bei der Gesprächsreihe BRIGITTE LIVE im Maxim Gorki Theater in Berlin. Im Interview mit BRIGITTE-Chefredakteurin Brigitte Huber und Meike Dinklage, Leiterin des Ressorts Zeitgeschehen, sprach Habeck unter anderem zu den Themen Selbstzweifel und Selbstkritik.
"Selbstkritik hat in der Politik keinen Platz." Es sei aber dennoch wichtig, sich und sein Tun immer wieder zu hinterfragen. Über das Aufstehen - auch nach Niederlagen - sagte der Schriftsteller und Politiker: "Angesichts zunehmender Komplexität und Geschwindigkeit von Veränderungen in meiner politischen Arbeit, kann ich mir den Luxus, mich lange über etwas zu ärgern, nicht mehr leisten. Trotzdem brauche ich eine gewisse Zeit, um Dinge, die nicht gut gelaufen sind, ganz aus dem Kopf zu kriegen."
Zum Thema Burnout unter Politikern befragt, sagte Habeck, ihm persönlich gehe es gut, das Pensum sei manchmal anstrengend, aber kein Problem. "Als Politiker ist man nie fertig. Je mehr man arbeitet, desto mehr weitere Arbeit entsteht. Es geht auf die Knochen, und ich kenne viele Politiker, die sich fragen, ob es es das wert ist." Wichtig sei: Man solle nicht zu lange ohne Pause arbeiten.
Der Grünen-Politiker zeigte sich auch leidenschaftlich. Danach gefragt, was er sofort beenden würde, wenn er die Möglichkeit dazu hätte, antwortete er: "Die betäubungslose Ferkelkastration." Damit spielte er auf die Bundesregierung an, die ein ursprünglich für 2019 geplantes Gesetz dazu erst kürzlich aussetzte. "Eine Regierung, die Gesetze zurücknimmt, weil die Wirklichkeit, bzw. Umstände und Bedingungen dafür noch nicht so weit sind, kann eigentlich gleich einpacken", so Habeck wütend.
Auf die Frage, ob das Land nach Merkel im Sinne der Emanzipation wieder eine Kanzlerin bräuchte, sagte er: "Es wäre schlecht um den Feminismus bestellt, wenn nur Frauen ihn verkörpern würden. Aber es wäre schon ein Rückschritt, wenn das, was Gerhard Schröder, Joschka Fischer oder Otto Schily - diese rot-grüne Männerriege - dargestellt haben, wieder der Ton der Politik werden würde."
Der Kanzler-Frage selbst ging er aus dem Weg. Es brauche wieder eine aktive Regierung. Die Frage, wer was wird, lenke nur ab und werde der Ernsthaftigkeit nicht gerecht. Darauf angesprochen, wo er sich in fünf Jahren sehe, antwortete der derzeitige Star der Grünen: "Ich habe Bock auf das, was ich gerade mache. Wenn es schiefgeht, was ich nicht hoffe, müssen es eben andere weiter machen."
Quelle: Gruner+Jahr, BRIGITTE (ots)