Unions-Ministerpräsidenten wollen sich von Negativ-Einfluss ihrer Bundeskanzlerin abschotten
Archivmeldung vom 02.10.2006
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 02.10.2006 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Jens BrehlAngesichts der Vertrauenskrise der großen Koalition und zunehmender interner Unions-Kritik an der Führungsfähigkeit von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) haben maßgebliche Unions-Ministerpräsidenten, unter ihnen Edmund Stoiber (Bayern), Peter Müller (Saarland), Günther Oettinger (Baden-Württemberg), Christian Wulff (Niedersachsen) und Roland Koch (Hessen) intern angekündigt, eine Politik "der Abschottung gegen Merkel und der großen Koalition" zu betreiben.
Das berichtet die
"Leipziger Volkszeitung" (Montag-Ausgabe) unter Berufung auf mehrere
Ministerpräsidenten. An der CDU-Vorsitzenden und Kanzlerin wird
danach in erster Linie kritisiert, dass sie sich "auf die eigene
Machtsicherung" konzentriere, "während ihr das Land egal ist". Die
CDU-Vorsitzende habe es "versäumt, starke Köpfe in der Fraktions- und
Parteispitze zu fördern". Stattdessen seien gute Leute "mit
Dienstwagen und Staatssekretärs-Jobs entsorgt worden, damit sie Frau
Merkel nicht gefährlich werden können", klagten mehrere
Ministerpräsidenten. Merkels "Hauptziel war es, uns zu zeigen, dass
sie es bis ins Kanzleramt schafft", hat ein Ministerpräsident jetzt
in einer internen Mitarbeiterbesprechung betont. "Und jetzt macht sie
Politik mit dem Ziel, persönlich so lange wie möglich im Kanzleramt
zu bleiben, ganz egal draußen los ist".
Die CDU-Ministerpräsidenten Müller, Oettinger, Wulff und Koch hätten
gemeinsam betont, insbesondere CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla
sowie die sich derzeit in Baby-Pause befindliche
Kanzleramts-Staatsministerin Hildegard Müller (als
Bund-Länder-Koordinatorin) hätten sich "in der Praxis als völlig
überfordert" erwiesen.
Verwiesen wird dabei auch auf die Mitgliederentwicklung. So habe die
CDU seit der Übernahme des CDU-Vorsitzes durch Angela Merkel im Jahr
2000 netto über 60 000 Parteimitglieder verloren, davon allein 12 778
in den bisherigen Monaten der Kanzlerschaft von ihr. Im Gegensatz
dazu hat die FDP, so die Zeitung, in der gleichen Zeit mit 5160
Neueintritten und einem Netto-Plus bei der Mitgliederzahl von 802 auf
64 949 eine positive Entwicklung zu verzeichnen. Die CSU, die
offizielle Zahlen erst auf ihrem Parteitag Mitte Oktober bekannt
geben will, hat sich, nach Informationen der Zeitung, "erfolgreich"
von der Mitgliederentwicklung der CDU abkoppeln können und
verzeichnet "eine kontinuierlich steigende Mitgliederentwicklung".
Übertroffen wird die Minus-Bilanz der CDU bei den Mitgliedern in der
vergangenen zehn Monaten der großen Koalition allerdings noch von der
SPD, die allein zwischen Oktober 2005 und Juni 2006 einen
Mitgliederverlust von netto 15 777 verzeichnet. Grüne und PDS
verfügen nach eigenen Angaben derzeit über keine aktuellen
Vergleichszahlen bei der Mitgliederentwicklung.
Quelle: Pressemitteilung Leipziger Volkszeitung