Wolfgang Bosbach über ein Leben ohne Politik: Oman-Reise mit der Familie und der Traum vom Highway Number 1
Archivmeldung vom 08.07.2017
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Freigeschaltet durch André OttDer CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach, der nach 23 Jahren den Bundestag verlassen wird, hat sich in einem Interview mit der "Heilbronner Stimme" über seine Lebenspläne geäußert. Bosbach will sich nach dem Ausscheiden aus dem Parlament Reiseträume erfüllen. Der 64-Jährige sagte bei seinem Redaktionsbesuch: "Ich habe von der Welt noch nicht viel gesehen, das möchte ich dringend ändern. Bereits in wenigen Monaten reisen wir in den Oman. Jeder, der von dort zurückkommt, ist von Land und Leuten begeistert. Ich möchte einmal selber erleben, ob diese Begeisterung berechtigt ist."
Im nächsten Jahr soll es dann in die USA gehen. "Bereits vor 30 Jahren habe ich einmal den berühmten Highway Number befahren, leider die Süd-Nord-Route, denn dann liegt der Pazifik auf der anderen Seite. Von San Francisco nach San Diego gibt es spektakuläre Ausblicke." Geplant sei auch ein Abstecher nach Las Vegas. "Damit erfülle ich auch einen Traum meiner jüngsten Tochter", sagte der Vater von drei erwachsenen Töchtern. Bosbach fügte hinzu: "Die Vorfreude lasse ich mir auch nicht nehmen durch die interessante Amtsführung von US-Präsident Trump."
Rückblickend auf seine Zeit als Bundestagsabgeordneter sagte Bosbach beim Redaktionsbesuch: "Es waren 23 abwechslungsreiche, anstrengende Jahre. Aber ich hatte das große Glück, meinen persönlichen Wunschberuf ausüben zu dürfen, als Abgeordneter meines Wahlkreises zunächst in Bonn und dann in Berlin arbeiten zu dürfen. Ich bin sehr froh, dass ich meinen kleinen, persönlichen Anteil dazu leisten durfte, dass wir eine stabile Demokratie waren, sind und hoffentlich immer bleiben werden."
Über sein Ausscheiden aus dem Bundestag sagte er: "Sicher werde ich einige Jahre Entzugserscheinungen haben. 23 Jahre sind eine sehr lange Zeit. Davor habe ich schon für einen Abgeordneten gearbeitet, als ich das Abitur nachgeholt und studiert habe. Ich musste mir ja alles selbst finanzieren." "Ich werde aber nicht alles vermissen. Nicht vermissen werde stundenlange Debatten, bei denen ich schon nach wenigen Minuten weiß, da kommt sowieso nichts raus, weil die Gegensätze unüberbrückbar sind. Dann schaue ich immer auf die Uhr und bete: Herr, lass Abend werden. Das brauche ich nicht mehr."
Bosbach ergänzte: "Ich werde künftig aber auf keinen Fall durch das Regierungsviertel schleichen und ungebetene Ratschläge erteilen." Er behalte auch keinen Schreibtisch in Berlin. "ich habe zuhause ein Bergisch Gladbach einen ganz, ganz großen Schreibtisch, auf den genügend Arbeit passt."
Zur Frage, ob Politik eine Droge sei, sagte Bosbach: "So eine Art Entzug wird wohl jeder Ex-Politiker machen müssen, aber man sollte sich nie total von der Politik abhängig machen. Es ist immer nur Verantwortung auf Zeit. Bundestagsabgeordnete haben nur ein Mandat für vier Jahre, und niemand sollte glauben, man sei nach einer erfolgreichen Wahl nun Berufspolitiker bis zum Lebensende."
"Sicher werde ich einige Zeit Entzugserscheinungen haben, 23 Jahre sind eine lange Zeit. Eigentlich sind es sogar 35 Jahre, denn während ich mein Abitur nachgeholt und Jura studiert habe, war ich 12 Jahre lang als Abgeordnetenmitarbeiter tätig. Mein Studium musste ich mir schon selber finanzieren."
Bosbach sagte weiter: "ich bin ja nicht ganz raus aus der Politik. Ich freue mich sehr auf die Aufgabe in Nordrhein-Westfalen." Zur Erläuterung: Unter der neuen schwarz-gelben Landesregierung wird eine "Kommission für mehr Sicherheit in NRW" unter Führung Bosbachs Sicherheitsstrukturen überprüfen und der Frage nachgehen.
In der Politik gebe es auch Raum für Freundschaften, erklärte der CDU-Innenpolitiker im Gespräch mit der Stimme-Redaktion. "Ich habe viele tolle Menschen kennengelernt, beispielsweise Clemens Binninger." Er ist überzeugt, dass es genügend Politiker gibt, die die wie er die konservativen Werte in der CDU hochhalten werden. "Es gibt einige jüngere Politiker wie Jens Spahn, Christian von Stetten oder Carsten Linnemann, die wirklich politische Schwergewichte sind. Ich habe im übrigen nicht das Gefühl, dass Wirtschaftliberale oder Konservative keine Heimat in der CDU hätten. Ich fühle mich nicht einsam in der CDU."
Zu SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz sagte er: "Schulz tut mir nur begrenzt leid, denn ich habe den Hype von Anfang an für völlig überzogen gehalten. Wenn man Anhänger auffordert, wollt ihr nicht einmal "Martin, Martin rufen", dann zeigt das von einer nicht nachvollziehbaren Hybris. Die Erleichterung in der SPD war wohl so groß, dass Gabriel nicht antritt, dass man sich sogar über Schulz gefreut. Schulz hat aber den Riesennachteil, dass er nicht als Minister agiert, sondern aus der Parteizentrale heraus nörgeln muss. Ich glaube, Gabriel wäre ein ernsthafterer Konkurrent gewesen."
Eine der wichtigsten Entscheidungen in 23 Jahren Bundestag war für Bosbach die über die Flüchtlingspolitik. "Das war die wichtigste innenpolitische Entscheidung seit der deutschen Wiedervereinigung."
Für seine Enkelkinder wünscht sich Bosbach: "Ich möchte, dass unsere Enkel in einer Welt ohne Diktatoren leben, ohne Krieg, und ohne Angst haben zu müssen vor Feinden aller Art. Wir leben hier in Sicherheit. Aber Frieden und Sicherheit sind nicht selbstverständlich für die meisten Menschen auf dieser Erde."
Quelle: Heilbronner Stimme (ots)