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Robert Habeck: Grünen ist es nicht gelungen, den unpolitischen Geist dieses Sommers zu vertreiben

Archivmeldung vom 04.09.2017

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 04.09.2017 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott
Bild: BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Sachsen, on Flickr CC BY-SA 2.0
Bild: BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Sachsen, on Flickr CC BY-SA 2.0

Robert Habeck, Grünen-Spitzenpolitiker und Umweltminister in Schleswig-Holstein, übt Kritik am Erscheinungsbild seiner Partei und vermisst richtigen Wahlkampf. Habeck sagte im Interview mit der "Heilbronner Stimme": "Es gibt ja gar keinen richtigen Wahlkampf, er merkelt so vor sich hin. Europa in der Krise, Flüchtlingswelle, weltweit zahlreiche halbseidene Politiker an der Macht. Die Themen schreien geradezu nach wichtigen Debatten. Nur, wir chillen so durch den Sommer. Da hat es eine Oppositionspartei schwer, mit ihren Ideen durchzudringen."

Den Grünen sei es aber auch nicht gelungen, markanter wahrgenommen zu werden. Habeck: "Wir haben eine andere Parteistruktur als die anderen und damit auch eine breitere Basis in der Führung. Das Problem ist nicht die Doppelspitze. Uns ist es aber nicht gelungen, den unpolitischen Geist dieses Sommers zu vertreiben."

Ein Thema, mit dem die Grünen punkten könnten, sei die Entspannungspolitik in Zeiten weltweit zunehmender Bedrohungslagen. Habeck: "Rückzugspazifismus allein reicht nicht, um auf diese Weltlage zu antworten. Man muss eine breitere Kriegsvermeidungsstrategie verfolgen. Dazu gehört, auch die energiepolitischen Interessen der Länder wie beispielsweise Russland zu thematisieren. Hier sehe ich einen weiteren Verbindungspunkt zur grünen Politik. Der Kampf für den Klimaschutz ist nicht nur ein Chiffre für die Rettung des Eisbären, sondern auch dafür, die liberale Demokratie zu verteidigen. Wenn wir uns als Partei dessen bewusst sind, kann uns das weit tragen."

Der Grünen-Politiker erklärte: "Ich bin 1969 geboren, habe 1989 Abitur gemacht und den Wehrdienst verweigert - und dies mit dem Kalten Krieg begründet. Nach dem Fall der Blöcke habe ich dann allerdings nie mehr wirklich über Krieg als Bedrohung für mein eigenes Leben nachgedacht. Wir müssen heute konstatieren: Die Kriege nach dem Zerfall Jugoslawiens waren kein Abschied aus der kriegerischen Welt, keine brutale Häutung zu einem vereinten Europa. Nun nehmen die Spannungen und Bedrohungslagen wieder weltweit zu, auch in Europa. Es fehlt eine breit getragene Entspannungspolitik."

Nach der Bundestagswahl sei kein Bündnis auszuschließen. Habeck: "Wir sind in einer Zeit der extrem wichtigen Weichenstellungen. Man muss auch mit Blick auf Baden-Württemberg sagen, dass ungewollte oder ungeübte Bündnisse immer Alltag werden. In Schleswig-Holstein war Jamaika nicht unser Ziel. Aber Politiker müssen mit der Entscheidung der Wähler verantwortungsvoll umgehen. Wir können ja nicht so lange wählen lassen, bis uns das Ergebnis passt. Es ist also völlig richtig, vor der Wahl nichts auszuschließen. Aber die Hürden für Jamaika im Bund wären ungleich höher als bei uns im Land - und das heißt schon was. Leicht war der Weg dahin jedenfalls nicht."

Quelle: Heilbronner Stimme (ots)

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