Thüringer Verfassungsschutz kritisiert fehlenden Behördenaustausch
Der Präsident des thüringischen Landesamtes für Verfassungsschutz, Stephan Kramer, beklagt angesichts des Anschlags von Magdeburg einen Mangel an Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden.
"Nach den öffentlich vorliegenden Informationen war der mutmaßliche
Täter wohl sowohl den Bundes- wie auch Landesbehörden seit Längerem
bekannt, wenn auch nicht mit der eindeutigen Absicht, einen solchen
Anschlag zu verüben", sagte er dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland". Es
bleibe aufzuklären, wer, wann, was gewusst und gegebenenfalls nicht
weitergegeben oder selbst nicht angemessen gehandelt habe. "Darüber zu
spekulieren, ob der Anschlag hätte verhindert werden können, verbietet
sich schon deshalb, weil man später immer alles besser weiß."
Kramer
fügte hinzu: "Grundsätzlich kann man aber sagen, dass der
Informationsaustausch zwischen Behörden - egal ob auf Ebene des Bundes
oder der Länder und untereinander - an vielen Stellen
verbesserungsbedürftig ist. Falschverstandener Datenschutz, mangelnde
rechtliche Grundlagen zum Informationsaustausch, restriktive
Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts oder einfach nur das
menschliche Phänomen der wachsenden Verantwortungsdiffusion beschreiben
einen Teil des Problems."
Solange nicht alle zusammenarbeiteten,
werde man immer wieder erleben, dass wichtige Hinweise, ob aus dem In-
oder Ausland kommend, falsch oder nicht bewertet würden, weil sie die
fachlich qualifizierten oder zuständigen Behörden gar nicht erst
erreichten. "Da helfen auch die besten Dienstvorschriften und Gesetze
nichts, wenn wir keinen Bewusstseinswandel erreichen."
Der
Verfassungsschutzpräsident mahnte: "Wir müssen mögliche Versäumnisse und
Fehler bei den Behörden, soweit sie bereits jetzt bekannt sind,
selbstkritisch analysieren und schnellstmöglich beheben, denn
Weihnachten steht kurz bevor, mit weiteren Weihnachtsmärkten und
Gottesdiensten im ganzen Land." Und auch das Neujahrsfest mit vielen
öffentlichen Veranstaltungen nahte: "Aufgrund der immer noch anhaltend
hohen abstrakten Gefährdungslage - islamistische Terrorgruppen rufen
beispielsweise seit Wochen wieder verstärkt zu Anschlägen gerade jetzt
auf - haben die Sicherheitsbehörden weiterhin alle Hände voll zu tun.
Die Gefahr ist nicht vorbei."
Quelle: dts Nachrichtenagentur