Zeitung: Kontrollkommission droht mit Einschränkung der BND-Überwachung
Archivmeldung vom 02.06.2015
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 02.06.2015 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDer Streit um eine Veröffentlichung der Liste mit Suchbegriffen der NSA droht zu eskalieren: Laut eines Berichts der "Welt" hat die G-10-Kommission des Bundestages der Bundesregierung eine Frist gesetzt, bis zu diesem Mittwoch einen Einblick in die Liste der umstrittenen Selektoren zu ermöglichen.
Für den Fall, dass das Kanzleramt der Forderung nicht nachkommt, haben die Mitglieder der geheim tagenden Kommission dem Bericht zufolge angekündigt, vorerst keine weitere Genehmigung für die Fernmeldeaufklärung des Bundesnachrichtendienstes (BND) auszusprechen.
Die Kommission habe der Regierung damit gedroht, die zuletzt erteilten Genehmigungen für die strategische Fernmeldeaufklärung auslaufen zu lassen. Der Nachrichtendienst dürfte damit bis auf Weiteres keine Telefonate und E-Mails aus Deutschland ins Ausland sowie vom Ausland in die Bundesrepublik durchsuchen.
Das Moratorium würde dagegen nicht für die Überwachung der Kommunikation von Ausländern im Ausland gelten. Dem Vernehmen nach ist diese Kategorie für den Nachrichtendienst am ergiebigsten, schreibt die "Welt" weiter.
Auch die anderen deutschen Dienste, das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) sowie der Militärische Abschirmdienst (MAD), wären demnach von den Einschränkungen nicht direkt betroffen. Die G-10-Kommission gilt als eine der vertraulichsten Runden des Bundestages. Die Mitglieder fungieren als eine Art Geheimgericht und müssen jede einzelne Beschränkung von Artikel 10 des Grundgesetzes (Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis) durch deutsche Nachrichtendienste genehmigen. Das Kanzleramt wartet seit Wochen auf eine Antwort aus den USA, ob sie den Kontrollgremien die Liste mit den Suchwörtern vorlegen darf. Erst vor kurzem wurde bekannt, dass der BND die von ihm überwachte Kommunikation mit Hilfe der sogenannten Selektoren durchsucht und Treffer an den US-Dienst NSA übermittelt. Es besteht der Verdacht, dass der BND den USA damit geholfen hat, jahrelang europäische oder sogar deutsche Unternehmen und Politiker ausgespäht zu haben.
Die Bundesregierung hat sich noch nicht festgelegt, ob sie eine Einsicht in die Listen auch gegen den Willen der USA akzeptieren würde. Zum Disput zwischen G-10-Kommission und Bundesregierung war es laut "Welt" gekommen, nachdem durch die Arbeit des NSA-Untersuchungsausschusses bekannt geworden war, dass der BND vor ein paar Jahren im Rahmen einer Kooperation mit den USA bei der Überwachung eines Internetkabels keine vollständigen Angaben über die Weitergabe von Daten an die NSA gemacht haben soll.
Quelle: dts Nachrichtenagentur