Ökonomen Fuest und Fratzscher für höheres Rentenalter
Archivmeldung vom 21.10.2019
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 21.10.2019 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch André OttFührende Ökonomen haben grundsätzlich positiv auf den Vorschlag der Bundesbank reagiert, das Rentenalter anzuheben. Clemens Fuest, Chef des Ifo-Instituts in München, und DIW-Präsident Marcel Fratzscher knüpften solche Reformen gegenüber der "Neuen Osnabrücker Zeitung" allerdings an Bedingungen.
Fuest betonte, die Bundesbank mache darauf aufmerksam, dass die Zahl der Rentenempfänger steige, während die Zahl der Beitragszahler sinke und die Rentenversicherung deshalb reformiert werden müsse. "Die Anpassung sollte allerdings nicht allein durch ein höheres Rentenzugangsalter erfolgen, sondern nur in dem Maße, in dem die Lebenserwartung steigt."
Der Finanzwissenschaftler erläuterte: "Menschen mit niedrigeren Einkommen und körperlich belastenden Berufen haben eine geringere Lebenserwartung als beispielsweise Akademiker. Sie werden durch eine Erhöhung des Rentenzugangsalters härter getroffen als durch eine Senkung des Rentenniveaus." Fuest forderte deshalb auch niedrigere Rentenanhebungen: "Die Reform sollte die Renten weniger schnell steigern als bisher vorgesehen."
Fratzscher erklärte: "Ohne eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit wird ein nachhaltiges Rentensystem nicht möglich sein. Denn die größere Umverteilung von jungen zu älteren Menschen über Beiträge und Steuern alleine wird nicht ausreichen, um die demografische Alterung zu bewältigen." Eine Erhöhung des Renteneintrittsalters mit der ansteigenden Lebenserwartung sei eine Grundvoraussetzung für ein nachhaltiges Rentensystem.
"Allerdings werden nicht alle Menschen länger arbeiten können oder wollen", so Fratzscher weiter. Er plädierte deswegen für ein flexibleres Renteneintrittsalter, "bei dem die Menschen mehr Freiheit haben, selbst über ihr Renteneintrittsalter entscheiden zu können". Zudem müsse die Politik die Erwerbstätigkeit stärken und verbessern. Das größte Risiko für Menschen, in der Altersarmut zu landen, seien niedrige Löhne, Teilzeitbeschäftigung und unterbrochene Erwerbsbiografien. Fratzscher: "Nur wenn die Politik die Arbeitsmarkt- und Verdienstchancen vieler Menschen deutlich verbessert, kann eine ausreichende Absicherung im Alter gewährleistet werden."
Seit 2012 wird die Altersgrenze für den abschlagfreien Bezug der gesetzlichen Rente schrittweise von 65 auf 67 Jahre im Jahr 2031 angehoben. Auf die Rentenkassen kommen nun aber zusätzliche Herausforderungen zu, weil ab Mitte der 2020er-Jahre die geburtenstarken Jahrgänge das Ruhestandsalter erreichen. Die Bundesbank regt daher an, das Rentenalter bis 2070 auf 69 Jahre und vier Monate anzuheben.
Quelle: Neue Osnabrücker Zeitung (ots)