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Müntefering steigt mit Buch in SPD-Programmdebatte ein

Archivmeldung vom 23.08.2008

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 23.08.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Oliver Randak

Kurt Beck bringt seine Biografie - Franz Müntefering richtet den "Blick nach vorn": Der frühere SPD-Chef will sich nach SPIEGEL-Informationen mit einem Buch in die Programmdebatte bei den Genossen einschalten. Parteivize Steinmeier freut sich auf die Rückkehr des früheren Vizekanzlers.

"Blick nach vorn" lautet der Arbeitstitel des Buches, an dem Franz Müntefering seit Wochen arbeitet und das voraussichtlich im Oktober erscheinen soll - also nach der bayerischen Landtagswahl. Mit dem Band will sich der frühere SPD-Chef in die programmatische Debatte der Partei einschalten. Nach Informationen des SPIEGEL aus Parteikreisen will Müntefering die politische Agenda nach der Agenda 2010 beschreiben. Fast zur gleichen Zeit will auch SPD-Chef Kurt Beck ein Buch veröffentlichen. Die Autobiografie "Kurt Beck. Ein Sozialdemokrat" soll am 30. September erscheinen.Müntefering plant zudem, schon bald in den bayerischen Landtagswahlkampf einzugreifen. Anfang September will er im Hofbräukeller Haidhausen in München reden. Der bayerische SPD-Spitzenkandidat Franz Maget äußerte die Erwartung, dass sich die Partei wieder konsolidieren werde und Müntefering dazu einen Beitrag leisten könne. Allerdings werde die aktuelle Debatte über Müntefering und dessen Termin in München "stark überbewertet", sagte er.

"Der Auftritt von Müntefering in Bayern ist ein ganz normaler Vorgang", betonte Maget in der "Leipziger Volkszeitung". "Wir sind beide langjährige politische Freunde. Seine Wahlkampfunterstützung ist ein erfreulicher, aber eigentlich selbstverständlicher Akt der Freundschaft und der Kollegialität, mehr aber auch nicht."

Außenminister Frank-Walter Steinmeier setzt große Hoffnungen in die Rückkehr Münteferings in die Tagspolitik. Der Minister gilt selbst als der heißeste Anwärter für diese Position. Er könne nicht sagen, wann Müntefering nach dem Tod seiner Frau "die Kraft wiederfindet, sich dem politischen Alltag zu widmen", sagte Steinmeier der "Rheinischen Post".

"Aber natürlich können wir sein Engagement, seine Kreativität und seine Erfahrung in der SPD gut gebrauchen. Und ich hoffe, dass er sie uns zur Verfügung stellt." In welcher Funktion er sich eine aktive Rolle Münteferings wünscht, ließ Steinmeier in dem Interview offen. Berichten zufolge plant Müntefering, sein Bundestagsmandat nach dem Ende der parlamentarischen Sommerpause im September wieder voll wahrzunehmen.

Der Linkspartei warf SPD-Vize Steinmeier vor, sich auf populistische Angstmache zu beschränken. "Im Augenblick mag sie in den Umfragen gut dastehen, aber sie erhebt ja nicht mal den Anspruch, Politik zu gestalten."

Lafontaine sieht Linke in Tradition Brandts und Schmidts

Der Parteichef der Linken, Oskar Lafontaine, stellte seine Partei in einem SPIEGEL-Gespräch dagegen in die Tradition Willy Brandts. "Wir vertreten im Gegensatz zur SPD die Friedenspolitik Willy Brandts", sagte der frühere SPD-Chef.

Auch mit SPD-Altkanzler Helmut Schmidt gebe es Gemeinsamkeiten. "Helmut Schmidt sagt, Deutschland habe in Afghanistan nichts verloren. Das ist unsere Position." Schmidt sei mit seinen Positionen inzwischen "auf dem linken Flügel der SPD angesiedelt". Lafontaine wirft der SPD vor, sie habe "ihre Identität verloren" und sei "schon lange nicht mehr sozialdemokratisch". Er forderte die Sozialdemokraten zu einem Kurswechsel auf: "Die SPD kann sich nur durch eine Neuorientierung ihrer Politik retten." Die Partei müsse sich vom Kurs der Agenda 2010 und der Militärinterventionen verabschieden.

Der frühere nordrhein-westfälische Ministerpräsident Wolfgang Clement (SPD) warnte die hessische SPD davor, sich von Lafontaine abhängig zu machen. "Wer sich in dessen Hände begibt, der riskiert mehr als sein Ansehen. Er oder sie riskiert die Zukunft einer stolzen deutschen Partei", schreibt er in der "Welt am Sonntag". Lafontaine sei "wohl immer ein Spieler, ein politischer Hasardeur" gewesen.

Auf die "äußerst schwierige Nach-Wahl-Lage in Hessen" gebe es nur zwei vertretbare Antworten: "Die eine ist: umgehend seriöse Verhandlungen zwischen allen demokratischen Parteien mit dem Ziel aufzunehmen, eine regierungsfähige Mehrheit zustande zu bringen. Oder aber, schlüge dieser Versuch fehl, die Entscheidung an die hessischen Wähler zurückzugeben." Vorrang müsse nun haben, "das politische Gewürge so bald als möglich zu beenden, das sich seit der Wahl schon über ein halbes Jahr hinzieht". Komme keine Koalition der demokratischen Kräfte zustande, müsse eben neu gewählt werden.

Quelle: spiegel.de

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