Koalition verzichtet auf Aufsichtsrat-Sitze in Infrastrukturunternehmen der Bahn
Archivmeldung vom 23.06.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittNach Ansicht des Bündnisses Bahn für Alle ist der Kompromiss der Koalition zur Bahnprivatisierung eine Mogelpackung. Auch mit der neuen Vereinbarung zu Formulierungen im Privatisierungsgesetz würde der Bund auf Dauer seinen Einfluss auf das Bahnsystem aufgeben, um im besten Fall sechs Milliarden Euro einzunehmen.
"Damit würde die Koalition das Grundgesetz
mehrfach brechen. Die Koalition akzeptiert, dass bei der
Infrastruktur der direkte Bundeseinfluss de facto aufgegeben
wird, obgleich jährlich mindestens 3,5 Milliarden Euro
Steuergelder für Instandhaltung und Neubau in diese
Infrastruktur fließen sollen", sagte Winfried Wolf, Mitglied im
Wissenschaftlichen Beirat des globalisierungskritischen
Netzwerks Attac, einem der elf Mitglieder
im Bündnis.
Ein Arbeitskreis des Koalitionsauschusses hatte sich darauf
geeinigt, künftige Miteigentümer aus dem Aufsichtsrat der
Deutsche Bahn AG auszuschließen. "Damit ist offenbar nur der
Aufsichtsrat der Holding gemeint", erklärte Wolf. In den
Aufsichtsräten der drei Infrastrukturunternehmen, die formal in
100-prozentigem direktem Eigentum des Bundes stehen sollen, soll
der Bund wohl nur eine Minderheitenposition einnehmen.
"Künftige Miteigentümer der DB AG würden auf ihren vollen
Einfluss bestehen", sagte Wolf vom Bündnis "Bahn für Alle". Ab
einem Anteil von 25 Prozent können sie Sitze im Aufsichtsrat
einklagen. Zudem können sie ihren Einfluss in der
Hauptversammlung geltend machen. EU- und Aktienrecht ermöglichen
ihnen, ihre Interessen auf Gewinnmaximierung auch per Gericht
durchzusetzen.
Offenbar sollen bis zur Bundestagswahl 2009 nur 24,9 Prozent der
DB AG verkauft werden, und dies eventuell an die bundeseigene
Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). Private Investoren würden
also erst später Einfluss erlangen. "Die Koalition will dem
Ausverkaufszug heute nur einen kleinen Schubs auf die schiefe
Ebene geben. Doch der Zug wird sich dort immer weiter
beschleunigen, bis es in einigen Jahren zum großen Crash kommt,
der dann unausweichlich ist. Die Weichen müssen jetzt anders
gestellt werden," forderte Wolf.
Quelle: Pressemitteilung "Bahn für Alle"