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Bericht: Höhere Hartz-IV-Sanktionen sollen doch möglich sein

Archivmeldung vom 27.11.2019

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 27.11.2019 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott
Bild: Gerd Altmann / pixelio.de
Bild: Gerd Altmann / pixelio.de

Drei Wochen nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu den Sanktionen gegen Hartz-IV-Empfänger sind die Bundesagentur für Arbeit (BA) und das Arbeitsministerium im Begriff, eine interne Weisung zur Umsetzung der Karlsruher Vorgaben zu erarbeiten.

Aus einem ersten Entwurf, über den die "Süddeutsche Zeitung" berichtet, geht hervor, dass nach wie vor Kürzungen des Existenzminimums um mehr als 30 Prozent möglich sein sollen. Dabei war der Richterspruch allgemein so verstanden worden, dass fortan Sanktionen jenseits der 30 Prozent praktisch ausgeschlossen seien. Die Abschläge können dem Weisungsentwurf zufolge deutlich höher ausfallen, weil verschiedene Sanktionen einfach zusammengezählt werden. Die entscheidende Passage findet sich unter der Randziffer 31.34 des Papiers: "Bei kumulativer Verletzung von Pflichten nach Paragraf 31 und 32 laufen die Minderungen parallel ab, das heißt, die Minderungsbeiträge werden in Überschneidungsmonaten addiert."

Übersetzt bedeutet dies, dass die 30-Prozent-Kürzung wegen eines zurückgewiesenen Jobangebots mit dem Zehn-Prozent-Abschlag wegen versäumter Meldepflichten zusammengezählt wird. In einem Rechenbeispiel wird erläutert, dass die Ablehnung eines Arbeitsangebots und ein Meldeversäumnis den Regelbedarf von 432 Euro um 172,80 Euro mindern. Da eine Kürzung drei Monate dauert, können durch neue Verstöße weitere Sanktionen hinzukommen. Dadurch kann das Existenzminimum um 40, 50 oder 60 Prozent schrumpfen, vielleicht sogar mehr. Das Karlsruher Urteil hatte sich nicht ausdrücklich mit den Zehn-Prozent-Sanktionen befasst, wie sie wegen versäumter Termine beim Jobcenter verhängt werden. Eine Kürzung um 30 Prozent hielt das Gericht unter engen Voraussetzungen für gerade noch zulässig.

Drastische Sanktionen von 60 Prozent - bisher vorgesehen bei wiederholter Ablehnung eines Jobs - seien dagegen auf der Grundlage der derzeitigen Erkenntnisse "nicht zumutbar und deshalb verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigen". Ein derart tiefer Eingriff ins Existenzminimum sei eine Belastung von "außerordentlicher Härte", heißt es in dem Urteil. Aus Sicht des Erwerbslosenvereins Tacheles würde damit das vom Verfassungsgericht begrenzte Sanktionsregime durch die Hintertür wieder eingeführt. "Wir verurteilen diesen Versuch der Ausweitung von Sanktionen aufs Schärfste", sagte Geschäftsführer Harald Thomé. Nach Auskunft des Arbeitsministeriums ist dieser Entwurf noch nich t "final". Er durchlaufe das "Weisungskonsultationsverfahren", in dem die kommunalen Spitzenverbände und die Bundesländer Stellung nehmen könnten. Die Weisung soll die Anwendung des Urteils regeln, bis ein neues Gesetz in Kraft tritt. Ein Sprecher der BA sagte, dass derzeit keine Sanktionen von mehr als 30 Prozent verhängt würden. Das gelte seit dem Urteil und so lange, bis die neue Weisung feststehe.

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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