Kommissionschef Zilius warnt vor schneller Anhebung des Mindestlohns auf zwölf Euro
Archivmeldung vom 28.07.2020
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Freigeschaltet durch André OttDer Chef der Mindestlohnkommission, Jan Zilius, hat vor einer schnellen Anhebung des Mindestlohns auf zwölf Euro gewarnt. "Von heute auf morgen den Mindestlohn auf zwölf Euro anzuheben, wäre höchst problematisch", sagte Zilius der Düsseldorfer "Rheinischen Post".
"Weil wir dann eine Überholung von laufenden Tarifverträgen in einem Umfang hätten, der mit unserer im Grundgesetz vereinbarten Tarifautonomie nicht mehr viel zu tun hätte", sagte der Vorsitzende der staatlichen Kommission. "Anders ausgedrückt: Wir würden mit einer zu schnellen Erhöhung auf zwölf Euro die Tarifverhandlungen für untere Lohngruppen obsolet machen", erklärte Zilius. Der politische Druck, den Lohnuntergrenze schneller zu erhöhen, habe spürbar zugenommen. Hier sei "sicher in den letzten Jahren politisch noch mehr Druck in den Kessel gekommen", so Zilius.
Trotzdem sei die Kommission weiter unabhängig. "Da muss man als Kommissionsmitglied und erst recht als Vorsitzender die Ruhe haben, die politische Diskussion gelassen hinzunehmen", sagte der Rechtsanwalt. Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) will im Herbst Reformvorschläge für das Mindestlohngesetz vorlegen, um zu erreichen, dass der Mindestlohn schneller auf zwölf Euro angehoben wird. Dabei müsse Heil aber vorsichtig vorgehen, so Zilius. "Wir müssen sehr aufpassen, dass wir mit den bestehenden Tarifvertragsregelungen nicht kollidieren: Einen Mindestlohn, der in großem Umfang über geltende Tarifverträge hinausginge, also höher läge als die untersten Tarifgruppen, hielte ich für problematisch", sagte er.
Quelle: Rheinische Post (ots)