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Realer Irrsinn: Störrisches Verhalten im Bund verhindert jährliche CO2-Reduzierung von 9 Mio. kg

Archivmeldung vom 12.06.2019

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 12.06.2019 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott
"Der Bund" ist in großer Kritik in breiten Bevölkerungsschichten (Symbolbild)
"Der Bund" ist in großer Kritik in breiten Bevölkerungsschichten (Symbolbild)

Bild: Eigenes Werk /OTT

Seit dem 01.01.2017 gilt in Deutschland eine Verordnung, die besagt, dass Transporte von Betonfertiggaragen ausschließlich mit Einzelfahrzeugen und nicht mehr wie bis dahin üblich mit einem speziellen Versetzfahrzeug und einem Anhänger transportiert werden dürfen. Damit können seitdem nicht mehr zwei Garagen gemeinsam ausgeliefert werden, was die Anzahl der Fahrten nahezu verdoppelt.

Das hat maßgebliche Auswirkungen auf Umwelt, Verkehr und Anwohner. Auch die eigentliche Begründung für diese Verordnung - die Entlastung von Brückenbauwerken - wird dadurch völlig verfehlt. Die Reaktion seitens der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der FDP-Fraktion klingt angesichts der öffentlichen Kommunikation der umwelt- und verkehrspolitischen Ziele der großen Koalition äußerst dürftig.

Nachdem das bayerische Ministerium des Innern die bereits im Mai 2014 empfohlene Regelung zunächst bis zum 31. Dezember 2016 ausgesetzt hatte, wurde die angegliederte Oberste Baubehörde veranlasst, eine gutachterliche Stellungnahme zur Frage der Auswirkungen der verschiedenen Transportvarianten beim Garagentransport auf die Brückenbauwerke einzuholen. Aus diesem Gutachten geht hervor, dass die Verordnung ihren Zweck nicht nur nicht erfüllt, sondern diesem sogar noch entgegenwirkt.

Pro Jahr werden in Deutschland ca. 55.000 Betonfertiggaragen ausgeliefert. So kommt es durch die nun erforderlichen Mehrfahrten zu einer jährlichen Mehrbelastung von Straßen und Brücken in Höhe von 1.400.000 t, was einer Steigerung von 47 % entspricht. Dadurch erhöhte sich der Treibstoffverbrauch um 43 % von 4,725 Mio. auf über 8,2 Mio. l, was gleichzeitig den CO2-Ausstoß um über 42 % steigerte. Die jährlich gefahrenen Strecken nahmen zudem um 7,4 Mio. km zu.

CO2-Belastung: Das Einsparpotenzial beträgt über 9 Mio. kg Die Auflistung kann der PDF anbei entnommen werden.

Aufgrund einer einzelnen Formulierung im Gesetzestext ("teilbare Ladung") sind Hersteller von Betonfertiggaragen damit einer irrsinnigen Entscheidung ausgesetzt, die für Verbraucher, Umwelt und Verkehrsinfrastruktur nachweislich deutlich negative Folgen mit sich bringt. Seit über zwei Jahren versucht die Fachvereinigung Betonfertiggaragen daher nun, diesen untragbaren Zustand umzukehren und eine Lösung zu erwirken, die vernunftbasiert ist und daher auch Kompromisse wie das Verbot des Befahrens besonders maroder Brücken beinhalten kann. Obwohl die Bundesländer den Handlungsbedarf offenbar durchaus wahrgenommen haben, wollte bisher kein Land als Vorreiter agieren und die Thematik im Bund auf die Agenda setzen.

Anfrage an die Bundesregierung: Desinteresse und ausweichende Antworten

In einer kleinen Anfrage konfrontieren die Abgeordneten Oliver Luksic, Frank Sitta, Bernd Reuther, weitere Abgeordnete und die Fraktion der FDP die Bundesregierung mit den Ergebnissen des Gutachtens. Die Antwort der Bundesregierung hierzu vom 26.04.2019 fiel mehr als dürftig aus und wirkte bisweilen sogar destruktiv. Es wurde auf die Fragen, wie die Bundesregierung die zusätzliche Umweltbelastung und die schlechte ökologische Bilanz des Einsatzes zusätzlicher Fahrzeuge im Hinblick auf eine mögliche Rückkehr zum Zug-Verfahren bewerte, lediglich festgestellt, dass "keine eigenen Erkenntnisse über eine mögliche zusätzliche Umweltbelastung, den eventuellen Treibstoffmehrverbrauch und die ökologische Bilanz in diesem Zusammenhang" vorlägen - und das im Angesicht eines Mehrfahrten-Aufkommens von über 7,4 Mio. Kilometern.

Im Zuge der Beantwortung weiterer Nachfragen wiederum antwortet die Bundesregierung ausweichend. So bestünde einerseits "kein Anlass, die Ergebnisse des Gutachtens in Zweifel zu ziehen", andererseits seien die Erkenntnisse auf Bayern beschränkt und daher nicht aussagekräftig - obwohl man im gesamten Bundesgebiet von einer zumindest ähnlichen Lage ausgehen kann, da man anhand der üblicherweise durch die Bundesanstalt für Straßenwesen angewandten Zustandsnoten für Brücken in der Lage wäre, Vergleichswerte zu errechnen. Zudem seien nach Lesart der Bundesregierung 17 % der geprüften Brücken durch Transporte im Zugverfahren hinsichtlich ihrer Ermüdungsbeanspruchung gefährdet. Tatsächlich besagt das Gutachten jedoch lediglich, dass bei 11 % der Brücken etwaige Auswirkungen durch Transportauflagen zu bewältigen wären und bei 6 % der Brücken keine gesicherte Aussage möglich war. Verwunderlich ist in diesem Zusammenhang noch dazu, dass die Bundesregierung nach bereits jahrelanger öffentlicher Diskussion zum Zustand von Straßen und Brücken keine belastbareren Daten für die Brückenbauwerke im gesamten Bundesgebiet vorweisen kann.

Dogmatik und Paragraphenreiterei verhindern einen lösungsorientierten Diskurs

Es ist offensichtlich, dass in dieser Sache sowohl bei den Ländern als auch im Bund politische Interessen, dogmatische Handlungsweisen und allgemeine Paragraphenreiterei den Weg zu einer konstruktiv-vernünftigen Antwort versperren. Dass ein lösungsorientiertes Denken an dieser Stelle jedoch nicht einmal von Seiten der Bundesregierung stattfindet, irritiert insbesondere daher, weil dies im Widerspruch zum Inhalt des Koalitionsvertrages steht, der ausdrücklich besagt:

"Die Mobilitätspolitik ist dem Pariser Klimaschutzabkommen und dem Klimaschutzplan 2050 der Bundesregierung verpflichtet. Wir wollen die Klimaziele von Paris erreichen und dabei soziale Belange berücksichtigen, die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie gewährleisten und bezahlbare Mobilität sicherstellen." An anderer Stelle heißt es zudem: "Wir wollen insbesondere die Schadstoffemissionen aus dem Straßenverkehr an der Quelle weiter reduzieren."

Hinzu kommt obendrein, dass Deutschland im Vergleich mit den Nachbarländern das einzige Land in Europa ist, in dem derartige Beschränkungen gelten. Dieser Zustand ist ohne Frage als Standortnachteil für die heimische Industrie anzusehen. So hat nicht einmal ein etwa 40 km von der niederländischen Grenze ansässiges Unternehmen mehr die Möglichkeit, Ausnahmegenehmigungen für Transporte im Zugverfahren zur Auslieferung in die Niederlande zu beantragen, obwohl auf der Strecke kein einziges Brückenbauwerk passiert werden müsste. Sämtliche Gesprächsangebote wurden daher von vornherein kategorisch abgelehnt, da die gesetzliche Grundlage nun einmal feststehe.

Seit über drei Jahren beschäftigen sich die Hersteller und Mitglieder der Fachvereinigung nun mit einer Frage, zu deren Beantwortung allein die Politik in der Lage ist. Wenn ein Branchenverband mittelständischer Unternehmen von sich aus eine Initiative startet, die nicht nur der Wettbewerbsfähigkeit, sondern insbesondere dem Umwelt- und Emissionsschutz dient und dabei fast sämtliche politischen Akteure den Willen oder die Fähigkeit zu einem vernunftorientierten Handeln beziehungsweise mindestens zu einem ernsthaften Dialog vermissen lassen, so zeugt dies von einem schlechten Stil und schlichter Ignoranz für die Probleme unserer Branche. Die Fachvereinigung Betonfertiggaragen e.V. bleibt weiterhin diskussions- und kompromissbereit und fordert die Landesregierungen sowie die Bundesregierung und die entsprechenden Minister hiermit erneut auf, diese absurden Zustände zu beenden.

Quelle: Fachvereinigung Betonfertiggaragen e.V. (ots)


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