Bildungsexperte Josef Kraus : Bildungspolitik muss Aufgabe der Länder bleiben
Archivmeldung vom 28.08.2017
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 28.08.2017 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch André OttDer frühere langjährige Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, Josef Kraus, hat den SPD-Vorschlag zur Abschaffung des Kooperationsverbots zwischen Bund und Ländern bei der Bildung kritisiert. Es sei richtig, dass die Länder die Kompetenz in der Bildungspolitik nicht abgeben möchten.
Im phoenix-Tagesgespräch sagte Kraus: "Es ist gut, dass es diesen föderalen Wettbewerb gibt. Der muss noch mehr entbrennen". Bundesländer mit Problemen in der Bildungspolitik könnten sich an den stärkeren Ländern orientieren. Zudem sei die Hürde einer Zweidrittelmehrheit im Bundestag sowie im Bundesrat für eine Aufhebung des Kooperationsverbots kaum zu überwinden, um eine Grundgesetzänderung herbeizuführen.
Der Bildungsexperte kritisierte außerdem die sieben Ministerpräsidenten, mit denen sich SPD-Spitzenkandidat Martin Schulz abgestimmt habe. Diese kämen aus den Ländern mit den schwächsten Ergebnissen bei Bildungstests, die auch den bundesweiten Durchschnittswert in den Pisa-Studien verschlechterten, so Kraus.
Die Ursachen für den Lehrerengpass in Bundesländern wie Nordrhein-Westfalen sieht er bei den jeweiligen Kultusministern. Der Lehrerbedarf sei sehr gut berechenbar gewesen. "Ich kenne exakt die Altersstruktur meiner Lehrerschaft in einem Bundesland sortiert nach Lehrämtern - also nach Schulformen und nach Unterrichtsfächern. Ich weiß relativ zuverlässig wie viele Schüler ich in zehn, fünfzehn, zwanzig Jahren habe", sagte Kraus im Interview mit phoenix, dem Ereignis- und Dokumentationskanal von ARD und ZDF. Es sei unerklärlich, warum man trotz dieser Informationen nicht hätte planen können. Auch hier betont er, seien es überwiegend SPD-Länder, denen es an Lehrkräften fehle.
Grundsätzlich halte er es immer für gut, dass Bildungspolitik diskutiert werde. Es müsse jedoch mehr passieren als die "Schaufensterpolitik" der beiden großen Parteien. Die derzeitige Lage der deutschen Bildungspolitik betrachtet er trotz einiger Probleme positiv. Deutschland habe eine der niedrigsten Quoten von arbeitslosen Jugendlichen. Auch in den Pisa-Studien habe man deutlich aufgeholt und sei nicht mehr weit entfernt von der Spitzengruppe.
Quelle: PHOENIX (ots)