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Steinmeier: Agenda 2010 war "Weckruf des Landes an sich selbst"

Archivmeldung vom 11.03.2013

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 11.03.2013 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Manuel Schmidt
Dr. Frank-Walter Steinmeier Bild: spdfraktion.de / photothek.net/Thomas Köhler
Dr. Frank-Walter Steinmeier Bild: spdfraktion.de / photothek.net/Thomas Köhler

Als einen "Weckruf des Landes an sich selbst" hat der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion Frank-Walter Steinmeier die Agenda 2010 bezeichnet, die vom damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) vor zehn Jahren verkündet wurde. In der Zeitschrift "Superillu" erinnerte Steinmeier, der als geistiger Vater der Agenda 2010 gilt, daran, dass die Durchsetzung der Reformen "ein gewaltiger Kraftakt" gewesen sei.

"Es war ein Programm mit Härten für die Menschen, das ist wahr. Aber rückblickend sage ich: Gott sei Dank haben wir unsere Hausaufgaben gemacht, bevor die große Krise kam." Die Reformen hätten Deutschland stärker gemacht. Nach Ansicht des SPD-Fraktionschefs seien einzelne Elemente der Agenda 2010 auch für die Krisenländer in Südeuropa wie Italien, Spanien oder Frankreich interessant. Als Vorbild für Europa eigne sich die deutsche Agenda 2010 allerdings nicht. "Die Bedingungen in jedem Land sind unterschiedlich. Deshalb gibt es keine Blaupause und kein für alle taugliches Rezept", meinte Steinmeier. "Ohne Gerhard Schröder, der nicht auf die nächsten Wahlen, sondern auf das Wohl des Landes geschaut hat, hätte es keine mutige Reformpolitik gegeben", lobte Steinmeier seinen früheren Chef.

Entschieden verwahrte sich der SPD-Fraktionschef gegen Vorwürfe, die SPD habe mit der Agenda-Politik den Sozialstaat abgebaut. Die SPD habe durch die Auseinandersetzung um die Agenda Wunden davon getragen, räumte Steinmeier ein. Aber "nicht die Agenda, sondern dauerhafte Arbeitslosigkeit von vier oder fünf Millionen Menschen hätte uns den Sozialstaat zerschlagen, den wir erst durch die Reformen haben sichern können."

Trotz aller Erfolge der Agenda-Politik sieht Steinmeier auch unerwünschte Ergebnisse. "Nicht alles hat so funktioniert, wie wir uns die Dinge vorgestellt haben. Größere Flexibilität bei den Arbeitszeiten war notwendig, aber bei der Leiharbeit hat es Fehlentwicklung und Missbrauch gegeben", erklärte Steinmeier. "Es war falsch, den Mindestlohn nicht zeitgleich mit den Reformen auf den Weg zu bringen. Das hätte dem Gesamtpaket eine stärkere soziale Balance gegeben." Deswegen bleibe es eine vordringliche Aufgabe der aktuellen Politik, dafür zu sorgen, "dass alle, die arbeiten gehen, von ihrem Lohn auch leben können. Nicht nur durch den Mindestlohn, sondern durch ordentliche Tariflöhne - und das in West und Ost", sagte der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion.

Altkanzler Schröder: Ohne Agenda 2010 hätte Deutschland in Not geraten können

Zehn Jahre nach dem Start der Agenda 2010 hat der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) eine positive Bilanz seiner Reformen gezogen. Der "Bild-Zeitung" sagte Schröder: "Man sieht ja jetzt: Deutschland ist besser durch die Krise gekommen, als alle anderen europäischen Länder." Die Agenda 2010 sei damals im eigentlichen Sinne des Wortes notwendig gewesen, sagte Schröder. Ohne sie wäre Deutschland womöglich in Not geraten: "Die Gefahr bestand."

Angesichts der damaligen schlechten Wirtschaftslage und der hohen Arbeitslosigkeit "mussten wir die sozialen Sicherungssysteme verändern, damit sie für den Steuerzahler und den Beitragszahler bezahlbar blieben". Außerdem sei es notwendig gewesen, die deutsche Wirtschaft wettbewerbsfähig zu machen, "denn Arbeitsplätze gibt es nur, wenn wir unsere Produkte auch exportieren können".

Schröder appellierte zugleich an den Veränderungswillen der Deutschen: "Wichtig ist, dass wir eines nicht vergessen: Die sozialen Systeme können in einer älter werdenden Gesellschaft nicht statisch gehalten werden. Deshalb brauchen wir immer wieder Mut zur Veränderung."

Institut der deutschen Wirtschaft sieht Agenda 2010 als Erfolg

Als "unbedingten Erfolg" hat der Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft, Professor Michael Hüther, die am Donnerstag vor zehn Jahren verkündete Agenda 2010 bezeichnet. In SZ-Interview (Montags-Ausgabe) sagte er: "Das Sozialsystem wurde neu justiert. Mit dem Doppel "Fordern und Fördern" wurde ein Gleichgewicht in der sozialen Absicherung des Einzelnen angestrebt. Das war ein Perspektivwechsel und hat erhebliche Veränderungen bewirkt. Wir haben heute viel mehr Arbeit und ein bezahlbares Sozialsystem. Viele machen sich gar nicht klar, was das wert ist."

Hüther widersprach vehement der These, der heutige Erfolg der deutschen Wirtschaft sei gar nicht der Agenda, sondern dem Euro und der Demografie geschuldet. Zwar habe der Euro die deutschen Exportchancen verbessert. Aber die Grundvoraussetzungen für den Erfolg der deutschen Wirtschaft sei aus den Änderungen am Arbeitsmarkt und der Senkung der Arbeitskosten der Unternehmen gekommen. "Investitionen lohnten sich wieder. Das hätte auch anders enden können."

Durch das Zusammenlegen von Arbeitslosen- und Sozialhilfe und die Verkürzung der Bezugszeiten sei der Druck gestiegen, Arbeit aufzunehmen. Das habe geholfen, mehr Jobs zu schaffen. Die Agenda 2010 habe im Praxistest nachgewiesen, dass angebotsorientierte Reformen funktioniere. Wenn man also am elementaren Teil des Arbeitsmarkts ansetze, wirke das, steigere die Wettbewerbsfähigkeit einer Volkswirtschaft und schaffe mehr Arbeitsplätze und mehr Wohlstand. "Das ist der Praxisbeweis: Angebotspolitik führt im Ergebnis zu mehr Gleichheit und Gerechtigkeit."

Insgesamt seien seit 2005 2,6 Millionen neue Arbeitsplätze entstanden. Es gebe so viel Erwerbstätige wie nie zuvor, fast 42 Millionen. Der viel kritisierte Anstieg der prekären Jobs, also Leiharbeit, Teilzeitarbeit, schlecht bezahlte Arbeit sei entgegen vielfacher Behauptung nicht zulasten der Vollzeitjobs gegangen. "Sondern das sind neue Jobs, für Menschen, denen der Arbeitsmarkt vorher versperrt war. Für viele geht es nach dem Einstieg weiter. Über 40 Prozent aller Zeitarbeitsverhältnisse führen zu festen, vollwertigen Jobs. Dafür sollten wir dankbar sein und nicht lamentieren. Die Datenlage ist eindeutig. Es gibt keine größere Ungleichheit, sie hat im Gegenteil abgenommen. Auch die Mittelschicht schrumpft nicht", sagte Hüther.

Nun müsse es darum gehen, die Errungenschaften der Agenda zu bewahren. Wenn er sich die ersten Wahlaussagen der Parteien zur Bundestagswahl ansehe, sei das nicht gesichert. "Es gibt ja Forderungen, wieder hinter die Rente mit 67 zurückzufallen. Das wäre fatal bei immer mehr Rentnern und immer weniger Jungen. Ebenso fatal wäre es, wenn es nach der Bundestagswahl Steuererhöhungen auf breiter Front gäbe. Im Gegenteil ist das Versprechen einer großen Steuerreform noch unerfüllt: einfacher, gerechter, niedriger."

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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