Linken-Politiker hält Wagenknecht-Koalition mit AfD für möglich
Linken-Urgestein Gregor Gysi sieht Analogien zwischen der verbotenen Sozialistischen Reichspartei und dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW). Im Aufbau ähnelten sich die beiden Parteien. "Ich habe mal das Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 1952 zum Verbot der Sozialistischen Reichspartei gelesen", sagte Gysi den Zeitungen der Mediengruppe Bayern.
"Da steht auch drin: Diese Partei sei von oben nach unten gegründet
worden. Wenn die also Verantwortung im Staat bekäme, sei zu befürchten,
dass sie das dort genauso organisierte. Es muss aber im Staatswesen
genau umgekehrt sein. Von unten nach oben. Und es heißt auch, dass in
deren Struktur die Mitgliedschaft nicht frei sei. Es bestimmen einzelne,
wer Mitglied werden darf und wer nicht. So ist das auch im BSW. Das
stört immer mehr Leute."
Als Grund für die schwachen Umfragewerte
des BSW macht Gysi auch die Rolle Oskar Lafontaines verantwortlich:
"Eins haben jetzt natürlich auch alle mitbekommen. Wagenknecht ist das
Sprachrohr, aber die Entscheidung trifft ihr Mann, Oskar Lafontaine. Den
kenne ich auch gut. Drum weiß ich, dass die Migrationspolitik, die sie
macht, die kommt nicht von ihr."
Gysi erwartet, dass das BSW auch
für Koalitionen mit der AfD offen sein könnte. "Die Co-Chefin Amira
Mohamed Ali hat ja schon gesagt, dass wenn die AfD etwas Vernünftiges
beantragt, man dem selbstverständlich zustimme. Ich nehme dem BSW das
Bekenntnis, nicht mit der AfD koalieren zu wollen, nicht ab."
Der
Außenpolitiker spricht sich zur Lösung der Migrationskrise für die
Bekämpfung von Fluchtursachen aus und in diesem Zusammenhang auch für
Beziehungen zu despotischen Regimen wie den Taliban. "Die Linke ist die
einzige Partei, die fordert, die Fluchtursachen zu beseitigen, weil das
die Migration am humansten und am wirksamsten begrenzt", sagte Gysi.
"Jemen, Syrien, Irak, Afghanistan, etc., da passierte und passiert das
viel zu wenig."
Dafür will er Kontakte zu allen suchen: "Wir
müssen natürlich mit allen reden. Bei Syrien haben wir jahrelang alle
diplomatischen Beziehungen abgebrochen. Wir hatten da überhaupt keinen,
der uns irgendwas sagen konnte, was sich da entwickelt. Das war falsch.
Drum hat uns auch der Sturz Assads kalt erwischt."
Auf die Frage,
ob das auch für die Taliban in Afghanistan gelte, sagte Gysi: "Ja, na
klar, wir brauchen Kontakte und Beziehungen zu den Taliban. Wir können
ja nicht mit erhobenen Zeigefingern durch die Welt laufen und sagen,
alle müssen so werden wie wir. Das heißt aber nicht, dass ich die
Taliban schätze, im Gegenteil, aber wenn man gesellschaftliche
Strömungen unterstützen will, die sich gegen solche Regime richten, muss
man vor Ort vertreten sein. Wir sind in den G20, wir sind in G7, da
könnte man mal über solche Maßnahmen sprechen."
Quelle: dts Nachrichtenagentur