Neue Runde im Streit um die Zukunft der Wehrpflicht
Archivmeldung vom 12.06.2010
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie Äußerungen von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) über das mögliche Ende der Wehrpflicht in Deutschland und die Anweisung von Generalinspekteur Volker Wieker an die Inspekteure der Teilstreitkräfte, nur noch mit einer Truppenstärke von 150 000 Soldaten zu planen, haben den Streit über die Zukunft der Bundeswehr erneut befeuert.
SPD-Verteidigungspolitiker Rainer Arnold sagte dem Tagesspiegel am Samstag in Berlin, er fühle sich "als Parlamentarier - wie wohl auch viele Soldaten - allmählich veräppelt". Den einen Tag peitsche der Minister das Gesetz zur Verkürzung des Wehrdienstes durch und spreche dabei von "Planungssicherheit", den anderen mache er deutlich, schon ganz bald etwas ganz anderes zu wollen: "Das hat mit Seriosität nichts zu tun", sagte Arnold, der den fehlenden Gesprächs- und Kooperationswillen Guttenbergs beklagt. "So darf man mit diesem Thema schon vom Verfahren her nicht umgehen", sagte der SPD-Politiker. Guttenberg nehme offensichtlich seine eigene Kommission nicht ernst, die im September, am Ende der vorgeblich "ergebnisoffenen" Diskussion, zum Beginn der Haushaltsberatungen im Parlament ihre Ergebnisse vorstellen soll. Vielmehr preche er mit einer "geradezu panischen hektischen Reaktion" vor, ausgehend von haushalterischen Überlegungen. Eigentlich, sagt Arnold, müsste der Planungsablauf doch folgender sein: Zunächst gälte es zu klären, welche Rolle Deutschland in der Welt spielen wolle und solle, was Deutschland leisten müsse und könne - und schließlich, was davon finanziell realisierbar sei. Doch der Minister mache es genau umgekehrt, mit "verheerenden Folgen" für Deutschlands internationales Ansehen. Für FDP-Verteidigungsexpertin Elke Hoff sind Guttenbergs Überlegungen zum Ende der Wehrpflicht und Wiekers Anweisung dagegen "der einzig logische Ausweg" aus dem "Dilemma", in dem der Minister sich befinde: einem schweren Erbe und aktuellen Sparauflagen "in exorbitanter Höhe". Von seinen Vorgängern habe Guttenberg eine Bundeswehr übernommen, die, schlecht ausgebildet und falsch ausgerüstet, ihrer Aufgabe als Armee im Einsatz kaum habe gerecht werden können; vom Finanzminister den Auftrag, Milliarden einzusparen. Das, sagte Hoff dem Tagesspiegel, gehe nur übers Personal. Also entweder durch weniger Berufs- und Zeitsoldaten - doch die seien es ja gerade, die den Kernauftrag der Bundeswehr im Einsatz erfüllten. Oder eben durch die Abschaffung der Wehrpflicht. Sparen und gleichzeitig die Bundeswehr erhalten so wie sie ist und obendrein noch "die Wehrpflicht unter Artenschutz stellen" - das passe nicht zusammen.
Quelle: Der Tagesspiegel