Magazin: Anhörung zu Stuttgart 21 in Berlin wegen vieler offener Fragen
Archivmeldung vom 29.04.2015
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDer ehemalige Bahndirektor und Spezialist für Hochgeschwindigkeitsverkehr Sven Andersen bewertet das Bahnprojekt Stuttgart 21 (S21) als ein "ewiges Sicherheitsrisiko". In der aktuellen Ausgabe des stern sagt er: "Man konstruiert eine Katastrophe sehenden Auges, das ist verbrecherisch, was hier passiert."
Fünf Jahre nach dem offiziellen Baubeginn ist Deutschlands teuerste Baustelle - S21 soll nach derzeitigem Stand 6,8 Milliarden Euro kosten - politisch umstritten. Zum ersten Mal in der Berliner Parlamentsgeschichte haben Linke und Grüne einen gemeinsamen Antrag eingebracht: Am 6. Mai gibt es eine öffentliche Anhörung des Verkehrsausschusses, um "offene Fragen zum Bahnhofsprojekt aufzuklären". Dabei geht es unter anderem um die Baukosten, die starke Neigung der Bahnsteige sowie die umstrittene Kapazität des Tiefbahnhofs.
Hintergrund: Der geplante Bahnhof in Stuttgart wird zwölf Meter tief unter der Erde auf einem riesigen Trog liegen. Weil unter ihm S- und U-Bahnen verlaufen, hat dieser Trog eine starke Neigung: Auf die Länge eines ICE-Zugs wird er um 6,20 Meter ansteigen. Das entspricht der Höhe eines zweigeschossigen Hauses. In der Geschichte des weltweiten Eisenbahnbaus ist das einmalig. Kein Bahnhof dieser Größe, schon gar kein Neubau, weicht so sehr von der empfohlenen Sicherheitsnorm ab - und zwar um das Sechsfache. Die Bahn weist Zweifel an der Sicherheit von S21 zurück.
Seit 14 Monaten werden in Stuttgarts Untergrund Tunnel gebohrt. Für S21 ist ein Tunnelsystem von 62 Kilometern nötig. Mitte April waren exakt 3875 Meter ausgehoben, so der Sprecher des S21-Büros der Deutschen Bahn zum stern. Wenn es in diesem Tempo weitergeht, dürfte der Tiefbau zu Stuttgart frühestens 2035 fertiggestellt sein. Der S21-Sprecher weist eine solche Hochrechnung zurück. Man liege "im Plan" und werde "alle Tunnel im Rohbau" bis 2019 fertiggestellt haben.
Quelle: Gruner+Jahr, stern (ots)