Schaar sieht Wirksamkeit der Internetsperren als nicht erwiesen an
Archivmeldung vom 16.06.2009
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDer Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar hat betont, dass der Gesetzentwurf zur Sperrung kinderpornografischer Seiten im Internet aus seiner Sicht Fragen aufwirft. "Es ist für mich unmöglich, zu begründen, warum es einen freien Zugang zu kinderpornografischen Inhalten geben soll", sagte er dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Mittwoch-Ausgabe).
"Allerdings wirft der Weg, den die Koalition gehen will, viele Fragen auf." So sei die Wirksamkeit der Sperren nicht erwiesen. Auch sei fraglich, ob "nicht doch personenbezogene Daten von Nutzern, die sich überhaupt nichts haben zuschulden kommen lassen", erfasst würden. Die Kernfrage, so Schaar, laute: "Bleibt es auf Dauer dabei, dass nur Kinderpornografie herausgefiltert wird? Oder sind es demnächst auch der Aufruf zur Gewalt, illegales Glücksspiel oder der Zugriff auf geschützte Musik? Schon jetzt gibt es ja Forderungen nach umfassenderen Sperren. Es entsteht eine Infrastruktur, die sich auch für eine umfassende Zensur verwenden ließe. Hier geht Gründlichkeit vor Schnelligkeit." Der Bundesdatenschutzbeauftragte forderte zugleich "international anerkannte Regeln zum Schutz von Internet-Nutzern", da das Surfverhalten immer stärker nachvollzogen werde. "Da sehe ich einen erheblichen Bedarf, tätig zu werden."
Tauss: Gesetzentwurf zu Kinderpornografie stoppen
Der SPD-Bundestagsabgeordnete Jörg Tauss fordert, den Gesetzesentwurf zu Internet-Sperren "in der jetzigen Form zu stoppen". Tauss warf Familienministerin Ursula von der Leyen zudem "unglaublichen Aktionismus" vor: "Technische Überwachungsapparate haben in der geplanten Dimension überhaupt keinen Sinn, da sie jederzeit umgangen werden können. Das ist weiße Salbe, zum Teil sogar eine Begünstigung der Szene, weil sie gewarnt wird", sagte Tauss dem Berliner "Tagesspiegel" (Mittwochsausgabe).
Der SPD-Abgeordnete, gegen den wegen Besitz von Kinderpornographie ermittelt wird, nannte es zudem "hochproblematisch, dass das Bundeskriminalamt dafür verantwortlich sein soll, geheime Listen über zu sperrende Seiten zu erstellen". Auch im Bereich der Bürgerrechte und des Datenschutzes sei der Entwurf "inakzeptabel". Am Donnerstag will der Bundestag über ein Gesetz zur Sperrung von Kinderpornografie-Seiten beraten.
Quelle: Kölner Stadt-Anzeiger / Der Tagesspiegel