Ruhrgebietsstädte wollen Schulden-Soli
Archivmeldung vom 03.06.2013
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie Kämmerer der beiden größten Ruhrgebietsstätte Essen und Bochum fordern einen Solidarbeitrag für finanziell angeschlagene Kommunen in Deutschland. "Es gibt viele Städte, die ähnliche Probleme haben wie die Städte im Ruhrgebiet. Darüber kann man eine breite Solidarität erzielen. Wir brauchen einen Soli für diese bedürftigen Kommunen", sagte Dortmunds Kämmerer Jörg Stüdemann der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung.
Sein Essener Kollege Lars Martin Klieve sagte: Wir brauchen einen Soli, der zur Schuldentilgung dient. Essen hat seit 1991 insgesamt 700 Millionen Euro in den Fonds Deutsche Einheit eingezahlt. Und das komplett auf Pump. Man sollte auch künftig in diesen Fonds einzahlen. Allerdings müsste man den Zweck des Fonds dahingehend ausweiten, dass hieraus auch die durch die Finanzierung der deutschen Einheit verursachten eigenen Schulden getilgt werden. Wer Hilfe über seine eigene Leistungsfähigkeit hinaus geleistet hat, dem muss auch geholfen werden."
Klieve, mahnte seine Stadt und das Ruhrgebiet zur Sparsamkeit. "Wir müssen jetzt, in einer Zeit niedriger Zinsen, anfangen, konsequent Schulden zu tilgen", erklärte Klieve im Interview. Er hält zum Beispiel in Essen jede dritte Grundschule mittelfristig für verzichtbar: Wir müssen nicht sämtliche Schulen erhalten, weil es weniger Schüler geben wird. Die Schulen, die wir erhalten, könnten wir dann aber besser ausstatten. Besser eine exzellent ausgestattete Schule etwas weiter weg als zwei nähere, die marode sind. Man könnte in Essen ein Drittel der Grundschulen reduzieren: Von 90 auf 60 innerhalb von vier bis sechs Jahren. Diese 60 Schulen wären aber in einem Topzustand.
Laut Klieve braucht auch nicht jeder Stadtbezirk ein eigenes Bürgeramt. Verzichtbar sei auch so manche Präsenzbibliothek. Und: "Das Ruhrgebiet könnte seine Verwaltungsaufgaben auch mit 70 Prozent des aktuellen Personals erledigen."
Dortmunds Kämmerer Jörg Stüdemann warnte vor den Folgen steigender Sozialkosten und der neuen Armutswanderung aus Südosteuropa: Dortmunds größtes Problem sind die steigenden Sozialkosten, jedes Jahr 35 bis 40 Millionen Euro mehr. Die Jugendhilfe kostet immer mehr, der Landschaftsverband bekommt immer mehr. Außerdem belastet uns die Armutswanderung aus Südosteuropa stark, im nächsten Jahr mit vermutlich 15 Millionen Euro. Bund und Land müssen uns daher unterstützen. Wir Kommunen waren nicht an der Integration Europas beteiligt, aber wir müssen jetzt die Lasten tragen. Diese Belastung lässt sich nicht wegsparen. Für die Zeit ab 2014, wenn auch für Bürger aus Bulgarien und Rumänien die volle Arbeitnehmerfreizügigkeit innerhalb der EU gilt, rechnet Stüdemann mit einer kontinuierlichen Zunahme der Armutswanderung. "Es werden auch Senioren zuwandern und kranke Menschen. Wir müssen also eine Verteilungsdiskussion führen über die steigenden sozialen Ausgaben in Deutschland", so Stüdemann.
Quelle: Westdeutsche Allgemeine Zeitung (ots)