Druck auf Geringverdiener auf dem Wohnungsmarkt nimmt zu
Archivmeldung vom 18.03.2021
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Freigeschaltet durch Sanjo BabićDer Druck auf Geringverdiener und Bezieher von Grundsicherung auf dem Wohnungsmarkt hat in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. Das belegen aktuelle Zahlen, die die Bundesregierung in ihrer Antwort auf eine kleine Anfrage der Linksfraktion aufschlüsselt, und über die die Zeitungen des "Redaktionsnetzwerks Deutschland" in ihren Donnerstagausgaben berichten.
So stiegen die durchschnittlichen Mietkosten für Haushalte, die Arbeitslosengeld II bezogen hatten, von 499 Euro im Jahr 2017 auf 533 Euro im Jahr 2019 und damit um fast sieben Prozent. Für Haushalte in Großstädten, die Anspruch auf den Bezug von Wohngeld hatten, stiegen die Mieten im gleichen Zeitraum von durchschnittlich 480 Euro auf 510 Euro und damit um rund sechs Prozent. Gleichzeitig ist die Zahl mitpreisgebundener Sozialwohnungen rückläufig.
Gab es Ende 2017 noch über 1,2 Millionen Sozialwohnungen, waren es Ende 2019 noch rund 1,1 Millionen. In zwei Jahren gingen insgesamt 84.601 Sozialwohnungen verloren - ein Minus von sieben Prozent. Der Neubau von Sozialwohnungen konnte das Auslaufen existierender Preisbindungen nicht ausgleichen. Die Fördermittel für den sozialen Wohnungsbau hat die Bundesregierung im Laufe der Legislaturperiode um ein Drittel reduziert. Stellte sie von 2017 bis 2019 den Ländern noch rund 1,5 Milliarden Euro Kompensationsmittel jährlich zur Verfügung, sind es seit 2020 nur noch eine Milliarde Euro pro Jahr. Eigene Sozialwohnungen baut der Bund so gut wie keine. Seit Beginn der Legislaturperiode wurden gerade einmal 50 Sozialwohnungen in der Zuständigkeit des Bundes errichtet. Auch die Zahl der bundeseigenen Wohnungen ist zuletzt gesunken.
Insgesamt ist der Anteil der durch Wohnkosten überlasteten Haushalte hoch.
Im Jahr 2019 und damit vor Ausbruch der Coronakrise waren rund 14 Prozent der Haushalte betroffen. Auch die Zahl der Vollstreckungsaufträge von Zwangsräumungen ist anhaltend hoch - 2017 und 2018 lag sie deutlich über 50.000. Zum ersten Mal hat das Bundesamt für Justiz auch real durchgeführte Zwangsräumungen erfasst, wobei die Daten für 2019 noch unvollständig sind. Vorsichtig hochgerechnet kann von mindestens 90 Zwangsräumungen pro Tag ausgegangen werden. "Die schöngeredete Wohnungsbilanz der GroKo hält der Überprüfung nicht stand. Es ist der Regierung nicht gelungen, den Mietenanstieg und den freien Fall der Sozialwohnungen zu stoppen", sagte Caren Lay, Vizevorsitzende und wohnungspolitische Sprecherin der Linksfraktion, dem RND.
Das sei "peinlich" für eine Regierung, die "bauen, bauen, bauen" zu ihrem Credo gemacht habe, so Lay. "Eine Kürzung der Mittel für den sozialen Wohnungsbau ist angesichts eines Bedarfs an fünf Millionen Sozialwohnungen völlig falsch und muss korrigiert werden", forderte die Linken-Politikerin. "Am Ende scheitert eine Kehrtwende in der Wohnungspolitik am starken Einfluss der Immobilienlobby und dem mangelnden Mut sich ihr entgegen zu stellen", kritisierte Lay. Sie verwies auf 123 Treffen der großen Immobilienverbände mit der Bundesregierung, denen nur 72 Treffen mit Verbänden von Mietern entgegen gestanden hätten. "Solange die Union weiter Spenden aus der Bauwirtschaft bezieht und sich doppelt so oft mit Immobilienwirtschaft wie mit Mietervereinen trifft, wird sich ein Problem nichts ändern", schlussfolgerte Lay.
Quelle: dts Nachrichtenagentur