CSU-Innexperte fordert zentrale Datei für V-Leute
Archivmeldung vom 11.10.2012
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Freigeschaltet durch Manuel SchmidtNach dem Wirbel um die Enttarnung von V-Leuten in der rechtsextremen Szene im Zuge der Ermittlungen zur Mordserie des rechtsextremen "Nationalsozialistischen Untergrunds" (NSU) fordert CSU-Innenexperte Stephan Mayer in der "Bild-Zeitung" (Donnerstagausgabe) eine zentrale Datei für sämtliche V-Leute des Verfassungsschutzes von Bund und Ländern.
Mayer sagte dazu der "Bild-Zeitung": "Wir brauchen eine zentrale Datei mit sämtlichen V-Leuten von Bund und Ländern beim Bundesamt für Verfassungsschutz. Außerdem müssen sich Bund und Länder auf einheitliche Standards für die Anwerbung, Führung und Bezahlung von V-Leuten einigen." Nur so könne das derzeitige "Chaos beim Einsatz menschlicher Geheimdienstquellen" in extremistischen Kreisen beendet werden.
Mit Blick auf die wachsenden Schwierigkeiten beim Anwerben von V-Leuten in der rechten Szene durch den Verfassungsschutz sagte Mayer: "Eines ist klar: Ohne V-Leute sind die Sicherheitsbehörden in extremistischen Kreisen blind. Ihnen fehlen dann die wichtigen menschlichen Quellen und Insider-Informationen."
Sicherheitsexperten warnen vor Enttarnung von V-Leuten
Sicherheitsexperten sehen die Funktionsfähigkeit der Nachrichtendienste nach der Weitergabe ungeschwärzter geheimer Akten aus Thüringen an den NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestages gefährdet. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) sagte der "Welt": "Wir brauchen auch in Zukunft V-Leute, und das geht nur wenn das Vertrauen in den Schutz ihrer Identität gewährleistet ist und sie sich darauf verlassen können, dass ihre Namen nicht bekannt werden."
V-Leute würden wichtige Einblicke in die Extremismus-Szene geben. "Wir dürfen dieses Informantenwesen keinesfalls zerstören." Auch der Vorsitzende des Innenausschuss des Bundestages, Wolfgang Bosbach (CDU), kritisierte gegenüber der "Welt": "Das Vorgehen in Thüringen stößt beim Verfassungsschutz des Bundes und der Länder auf größte Bedenken, weil dies ihre Arbeit in erheblichen Maß beeinträchtigt." Zwar sei die Debatte über eine Reform des Verfassungsschutzes notwendig. "Aber man muss dabei aufpassen, dass nicht Erkenntnisquellen zugeschüttet werden, auf die man dringend angewiesen ist", warnte Bosbach.
Thüringens Innenminister Jörg Geibert (CDU) verteidigte hingegen sein Vorgehen: "Wir erleben derzeit eine Krise der Sicherheitsbehörden. Man kann nicht so weitermachen wie bisher und Akten vorenthalten". Die Vertraulichkeit der Unterlagen bleibe zudem gewahrt. Die Weiterleitung sei "ein verfassungsrechtliches Gebot". Der Minister: "Wir haben nicht Nordkorea, sondern dem Deutschen Bundestag Akten zugeliefert." Gleichzeitig wehrte er sich gegen Vorwürfe aus dem Haus des Bundesinnenministers: "Statt uns zu kritisieren, sollte das Ministerium seine nachgeordneten Dienststellen besser beaufsichtigen." Das Schreddern von Akten beim Bundesverfassungsschutz habe die Dienste in der öffentlichen Wahrnehmung geschädigt.
Allerdings distanziert sich auch der Vorsitzende des NSU-Untersuchungsausschusses, Sebastian Edathy (SPD), von dem Vorgehen der Thüringer: "Wir brauchen natürlich keine Klarnamen von V-Männern oder V-Mann-Führern, die mit der Materie nichts zu tun haben." Gleichzeitig stellte er klar: "Die Akten bleiben in Berlin." Geibert sagte dazu: "Wir haben ausschließlich Material übersandt, das in den Beweisbeschlüssen angefordert wurde."
Auch Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU), sieht Vorsicht geboten: Es müsse selbstverständlich sein, "dass eine Landesbehörde vor der Weitergabe von Akten anderer Bundes- oder Landesbehörden mit diesen Kontakt aufnimmt", sagte Herrmann der "Welt". Auch er sieht eine Gefahr beim Thema V-Leute Gefahr in Verzug: "Wenn wir diese Daten unbegrenzt aufdecken und streuen, schwächen wir unseren Verfassungsschutz und gefährden seine Kontaktpersonen."
Quelle: dts Nachrichtenagentur