Max-Planck-Forscherin Priesemann fordert neue Corona-Strategie
Archivmeldung vom 08.12.2020
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Freigeschaltet durch André OttIm Ringen um den richtigen Weg zur Senkung der Corona-Infektionen fordern führende Forscher härtere Maßnahmen und eine deutliche Verschärfung des bisherigen Teil-Lockdowns. "Es war einen Versuch wert", sagte die Physikerin Viola Priesemann vom Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland".
Priesemann weiter: "Seit Ende November wissen wir aber, dass es leider nicht gereicht hat. Deswegen müssen wir die Strategie jetzt grundlegend überdenken." Statt dem derzeit geltenden Teil-Lockdown spricht sich Priesemann für einen kurzen, aber harten Lockdown für zwei bis drei Wochen aus. Die Physikerin sieht noch viel Spielraum in den Bereichen Freizeit, Arbeit und Schulen.
"Wenn man die Fallzahlen schnell senken will, sollte man an allen Schrauben deutlich drehen - damit man sie danach wieder lockern kann: Keine Gruppenveranstaltungen, so viel Home-Office wie möglich, und Fernuntericht für alle Schüler, für die das sozial verträglich ist."
Mit stark sinkenden Fallzahlen durch die derzeit geltenden Maßnahmen rechnet auch Jan Fuhrmann vom Forschungszentrum Jülich nicht mehr. Der Mathematiker entwickelt Szenarien zum Pandemieverlauf. "Angesichts der verschärften Maßnahmen hoffen wir in den nächsten zwei bis drei Wochen auf leicht fallende Inzidenz", sagte er.
"Leider arbeiten die derzeitigen Kontaktbeschränkungen aber gegen eine weitere Verschlechterung des Wetters an, die uns alle noch mehr in geschlossene Räume treibt, wo die Kontakte tendenziell gefährlicher sind." Bleibe es bei vielen Ausbrüchen in Seniorenheimen und Pflegeeinrichtungen, sei auch mit einem baldigen Fallen der Todeszahlen nicht zu rechnen.
"Aus mathematischer Sicht ist der Weg zu fallenden Zahlen klar: enge Kontakte zwischen Infizierten und noch nicht Infizierten müssen weiter deutlich gesenkt werden", sagte Fuhrmann. "Ob das durch individuelle Vorsicht und freiwillige Einschränkungen im privaten Bereich oder durch deutlich verschärfte staatliche Vorgaben geschieht, ist für das Infektionsgeschehen unerheblich."
Quelle: dts Nachrichtenagentur