Markus Meckel kritisiert verkürzte Gedenkreden und betont, worauf Ostdeutsche stolz sein sollen
Archivmeldung vom 21.09.2020
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Freigeschaltet durch André OttNach 30 Jahren deutsche Einheit drängt der ehemalige DDR-Außenminister Markus Meckel auf ein neues Geschichtsbild. Meckel kritisierte in der "Neuen Osnabrücker Zeitung", wesentliche Aspekte, auf die die früheren DDR-Bürger stolz sein sollten, fehlten in den üblichen Gedenkreden. "Die Ostdeutschen sind aufrecht und selbstbewusst in die deutsche Einheit gegangen. Die allermeisten wollten die deutsche Einheit. Und sie haben sie bekommen. Sie waren sogar der Motor."
Die gängige Gedenkrede lautet nach den Worten von Meckel: "Friedliche Revolution, viele mutige Menschen gehen auf die Straße, dann fällt die Mauer, und dann kommt mit Helmut Kohl der richtige Politiker aus dem Westen und hat die Einheit gemacht. Doch so einfach war das nicht." Die verkürzte Darstellung lasse außer Acht, dass es nach dem Mauerfall am 9. November 1989 noch den Zentralen Runden Tisch in der DDR gegeben habe und am 18. März 1990 dann die ersten freien Wahlen zur Volkskammer - und nicht gleich die gesamtdeutsche Wahl.
Der erweiterte Blick sei wichtig, um den Einigungsprozess zu verstehen, so Meckel weiter. Er betonte: "Wer sollte denn mit dem Westen die Einheit verhandeln? Die diktatorische SED ja wohl nicht. Man musste also erst einmal eine demokratische Struktur schaffen und freie Wahlen abhalten. Erst danach gab es einen legitimen Vertreter, der für die DDR-Bürger in diesem Vereinigungsprozess die Verhandlungen führen konnte."
Meckel selbst hatte als DDR-Außenminister zusammen mit seinem Bonner Kollegen Hans-Dietrich Genscher an den entscheidenden Zwei-plus-vier-Verhandlungen der beiden deutschen Staaten mit den vier Siegermächten USA, UdSSR, Frankreich und Großbritannien teilgenommen.
Quelle: Neue Osnabrücker Zeitung (ots)