Krankenkassenbeiträge: Kritik an Lauterbach immer schärfer
Archivmeldung vom 30.03.2022
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 30.03.2022 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Sanjo BabićDer Vorschlag von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach, die Beiträge in der gesetzlichen Krankenversicherung anzuheben, um so Defizite auszugleichen, stößt auf immer schärfere Kritik. Verena Bentele, Präsidentin des Sozialverbandes VdK Deutschland, sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (NOZ): "Es ist sozial ungerecht und ein völlig falsches Signal, dass der Gesundheitsminister die Krankenkassenbeiträge 2023 erhöhen will. Das belastet alle Menschen mit kleinen Einkommen in unzumutbarer Weise ausgerechnet in Zeiten hoher Preissteigerungen."
Bentele erinnerte zugleich an frühere Vorschläge von Lauterbach und forderte "eine solidarische Krankenversicherung, in die alle Menschen vom Selbstständigen bis zum Beamten einzahlen". Außerdem müsse die Beitragsbemessungsgrenze von derzeit 4800 Euro auf 7050 Euro angehoben werden.
Die VdK-Präsidentin plädierte zudem dafür, den Steuerzuschuss für versicherungsfremde Leistungen wie Familienversicherung, Mutterschaftsgeld oder die Absicherung der ALG-II-Bezieher genau zu überprüfen und dann auch komplett in dieser Höhe zu übernehmen.
Sparpotenzial sieht Bentele bei den gesetzlichen Kassen selbst: "Warum, so fragte sie, "brauchen wir 97 von ihnen?" Mit ihren Vorständen und hohen Ausgaben für den Wettbewerb um die GKV-Versicherten verursachen die Krankenkassen nach den Worten der VdK-Präsidentin "überflüssig hohe Kosten". Sie bezeichnete es als Skandal, "dass sie den Vorständen Boni in Höhe von teilweise mehr als 100.000 Euro auszahlen, während sie gleichzeitig ein Defizit in Rekordhöhe prognostizieren".
Bentele bekräftigte zudem die VdK-Forderung, die Mehrwertsteuer auf Arzneimittel auf sieben Prozent zu senken. Sie betonte: "Davon würden gerade Patientinnen und Patienten mit kleinen Einkommen profitieren, zu denen auch viele chronisch Kranke oder Menschen mit Behinderungen gehören."
Nach Angaben des GKV-Spitzenverbandes fehlen den Krankenkassen für das kommende Jahr 17 Milliarden Euro. Lauterbach hatte dazu in einem Interview der NOZ gefordert: "Wir müssen an vier Stellschrauben drehen: Effizienzreserven im Gesundheitssystem heben, Reserven bei den Krankenkassen nutzen, zusätzliche Bundeszuschüsse gewähren und die Beiträge anheben." Um welchen Prozentsatz die Beiträge steigen sollen, ließ er offen.
Quelle: Neue Osnabrücker Zeitung (ots)