Abgasskandal - Erste Staathaftungsklage auf Schadensersatz gegen Bundesrepublik Deutschland eingereicht
Archivmeldung vom 05.08.2017
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Freigeschaltet durch André OttDie im Abgasskandal führende Kanzlei Dr. Stoll & Sauer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH hat bundesweit die erste Staatshaftungsklage gegen die Bundesrepublik Deutschland wegen des VW Abgasskandals eingereicht. Die Klage wurde beim Landgericht Freiburg anhängig gemacht. Sie richtet sich gegen die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Bundesverkehrsministerium, dieses vertreten durch den Bundesminister Dobrindt.
Mit seiner Klage begehrt der Kläger Schadensersatz von der Bundesrepublik Deutschland. Bei dem Kläger handelt es sich um einen Käufer eines VW Golf GTD, welcher mit der Manipulationssoftware der Volkswagen AG versehen ist. Er hat das Fahrzeug 2012 zu einem Kaufpreis von 19.000 EUR erworben. Mit seiner Klage wirft er der Bundesrepublik Deutschland, insbesondere dem Bundesverkehrsministerium und dem Kraftfahrtbundesamt (KBA) vor, Ihren Pflichten nicht nachgekommen zu sein.
Der Bundesrepublik Deutschland werden zwei Verstöße gegen Europarecht vorgeworfen, die nach Ansicht der Kanzlei Dr. Stoll & Sauer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH zu einem Schadensersatzanspruch aus einem europäischen Staatshaftungsanspruch führen. Auch die Europäische Kommission hat ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland eingeleitet. Dadurch fühlt sich der Kläger in seiner Ansicht bestärkt.
Zum einen wird der Bundesrepublik Deutschland vorgeworfen, die Typengenehmigungsrichtlinie 2007/46/EG nicht hinreichend umgesetzt zu haben. Nach Art. 46 der Richtlinie war die Bundesrepublik Deutschland verpflichtet, abschreckende Sanktionen für Verstöße gegen die Richtlinie vorzusehen. Nach Ansicht der Kanzlei hat die Bundesrepublik Deutschland solche Sanktionen nicht geregelt. Bestätigt wird die Kanzlei durch zwei Rechtsgutachten, die für den 5. Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages (VW Untersuchungsausschuss) erstellt wurden. Die Gutachter Prof. Dr. Führ und Prof. Dr. Klinger vertreten in ihren Gutachten ebenfalls die Auffassung, dass die Typengenehmigungsrichtlinie in Deutschland nicht hinreichend umgesetzt wurde.
Zum anderen wirft die Kanzlei der Bundesrepublik Deutschland und dabei insbesondere dem Bundesverkehrsministerium, vertreten durch Herrn Dobrindt und dem Kraftfahrtbundesamt (KBA) vor, die Automobilindustrie nicht hinreichend überwacht zu haben. Im Rahmen des Typengenehmigungsverfahrens war das KBA verpflichtet, hinreichende Prüfungen und Überwachungen vorzunehmen. Obwohl es seitens des Umweltbundesamtes bereits früh Anzeichen für überhöhte Emissionen gab, stellte das KBA zu keinem Zeitpunkt eine illegale Abschalteinrichtung fest.
Erst nachdem die Volkswagen AG im September 2015 die Manipulationen einräumte, will das Kraftfahrtbundesamt von den illegalen Abschalteinrichtungen erfahren haben. Dies erscheint wenig glaubwürdig. Die Kanzlei wirft dem KBA vor, viel zu spät gehandelt zu haben. Hätte das Kraftfahrtbundesamt frühzeitig erkannt, dass es Manipulationen gibt, hätte der Kläger das Fahrzeug nie erworben. Nunmehr besitzt er ein mangelhaftes Fahrzeug und bleibt auf seinem Schaden sitzen. Diesen Schaden möchte er von der Bundesrepublik Deutschland ersetzt erhalten. Er möchte seinen Kaufpreis zurück und der Bundesrepublik dafür das mangelhafte Fahrzeug übergeben.
Nachdem die Zeitschrift "Der Spiegel" erst kürzlich von einer illegalen Abschalteinrichtung bei einem Porsche Cayenne berichtete und das Kraftfahrtbundesamt erst einige Wochen später mitteilte, es habe eine illegale Abschalteinrichtung bei Porsche gefunden, ist der Kläger sehr kritisch gegenüber den staatlichen Behörden. Er stellt sich die Frage, warum zunächst die freie Presse auf eine Abschalteinrichtung hinweisen muss, bevor das KBA reagiert. Nachdem auch der Dieselgipfel zu einer Farce wurde und keine Ergebnisse für den Kläger brachte, entschloss er sich die Bundesrepublik Deutschland auf Schadensersatz zu verklagen.
Dr. Ralf Stoll, der das Verfahren federführend führt, teilt dazu mit: "Es handelt sich bundesweit um die erste Staatshaftungsklage im Abgasskandal. Wir können diesem Staatsversagen nicht länger zuschauen und haben deshalb eine Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland eingereicht. Bisher hat es keinerlei Konsequenzen für dieses Staatsversagen gegeben. Wir sind der Ansicht, dass deshalb die Gerichte darüber urteilen müssen, ob die Bundesrepublik Deutschland, namentlich durch Herrn Dobrindt und das KBA, auch eine Mitschuld an dem Skandal trägt. Viele unserer Mandanten sind erschüttert über das Verhalten der Behörden und verlieren den Glauben an die Rechtsstaatlichkeit. Dies kann nicht hingenommen werden."
Die Kanzlei Dr. Stoll & Sauer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH vertritt und berät mehr als 35.000 Geschädigte des Abgasskandals und hat bereits mehr als 3.400 Klagen bundesweit gegen Händler und gegen die Volkswagen AG eingereicht. Auch erste Klagen gegen Porsche wurden kürzlich in Stuttgart erhoben. Die Kanzlei hat bereits zahlreiche Urteile gegen Händler und gegen die Volkswagen AG erstritten.
Quelle: Dr. Stoll & Sauer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH (ots)