Merkel nennt Kritik an ihrer Außenpolitik "provinziell"
Archivmeldung vom 28.11.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittBundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat die anhaltende Kritik an ihrer Außenpolitik energisch zurückgewiesen. Gegenüber dem Hamburger Magazin stern verteidigte die Regierungschefin sowohl ihre zahlreichen Auslandsreisen wie auch den Empfang des Dalai Lama und ihr deutliches Anprangern der Menschenrechtsverletzungen in China und Russland, das zuletzt auch Ex-Kanzler Gerhard Schröder (SPD) moniert hatte.
"Es ist provinziell,
die Interessenvertretung für unsere Sicherheit, unsere Umwelt und
unseren Wohlstand bei Auslandsbesuchen für minder wichtig zu
erklären. Sie können heute nicht mehr so einfach zwischen Innen- und
Außenpolitik unterscheiden", sagte Merkel. Sie bekräftigte, sie werde
sich "auch weiterhin meine Gäste und meine Reiseziele so aussuchen,
wie ich es im Interesse von Deutschland für richtig und sinnvoll
halte".
Sie halte es zudem für "falsch und überflüssig, in der
Außenpolitik Werte und wirtschaftlichen Erfolg gegeneinander
auszuspielen, als ginge es entweder nur um das eine oder das andere.
Es gehört beides zusammen." Diese Haltung habe Deutschland "zu einem
geachteten Partner in der Welt gemacht, in den vergangenen zwei
Jahren sogar noch ein wenig mehr" - eine deutliche Spitze gegen ihren
direkten Vorgänger Schröder. Auch dessen Vorwurf der Fehlsichten
einer Ostdeutschen konterte Merkel: "Ich schöpfe aus meiner Biografie
Kraft", mit dieser Biografie, zu der 35 Jahre in der DDR gehörten,
leiste sie ihren Beitrag für das Land. Allerdings vermied es die
Kanzlerin, neue Schärfe in die Auseinandersetzung mit ihrem
Außenminister Frank-Walter Steinmeier zu bringen. "Im Großen und
Ganzen arbeiten wir gut zusammen", sagte Merkel dem stern. "Wenn Sie
sich mal frühere Regierungen anschauen, können wir ganz zufrieden
sein."
Von der Weltgemeinschaft forderte Merkel, Deutschland nicht allein
zu lassen beim Versuch, die Iran-Krise diplomatisch und mit
verschärften Wirtschaftssanktionen zu lösen. "Der Beitrag darf nicht
auf Deutschland begrenzt bleiben", sagte sie dem stern. Die
Sanktionen müssten im UN-Sicherheitsrat mit Russland und China
besprochen werden, damit die größtmögliche Wirkung erzielt werden
könne. "Und falls jemand Sanktionen umgeht, muss man offen darüber
reden. Das tun wir auch, mit den USA, mit den Franzosen. Je stärker
gerade Europa zusammenhält, desto besser."
Die Kanzlerin ließ deutlich ihre Erwartung durchblicken, dass sich die Europäische Zentralbank (EZB) dem in den USA anhaltenden Trend zu Zinssenkungen widersetzt. Sie sei sicher, dass die EZB ihre Entscheidungen "nach sorgfältigen Erwägungen" treffe, sagte Merkel dem stern. "Die Geldwertstabilität hat in Europa traditionell einen hohen Stellenwert." Sie verwies darauf, dass die Bundesbank die Aufgabe, Inflation zu bekämpfen, stets konsequent verfolgt habe. "Dies gilt unverändert für die Europäische Zentralbank." Sie setze sich "bewusst sehr für die Unabhängigkeit der EZB ein, weil Inflation eine der perfidesten Formen der Enteignung der kleinen Sparer" sei.
Quelle: Pressemitteilung stern