Brinkhaus erntet Kritik für Äußerung über muslimischen CDU-Kanzler
Archivmeldung vom 07.03.2019
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Freigeschaltet durch André OttDie Äußerung von Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) zur Frage einer möglichen künftigen Kanzlerschaft eines muslimischen CDU-Politikers hat für heftigen Widerspruch in der CDU gesorgt. Mit Fassungslosigkeit reagierte Vincent Kokert, CDU-Chef in Mecklenburg-Vorpommern, auf die Brinkhaus-Aussage.
"Beim besten Willen, ich kann nicht glauben, dass Ralph Brinkhaus das gesagt hat - nein, das glaube ich nicht!", sagte Kokert der "Bild". Ähnlich reagierte der konservative CDU-Bundestagsabgeordnete Philipp Amthor. "Ich habe gestaunt", sagte er der Zeitung. CDU-Bundesvorstandsmitglied Elisabeth Motschmann sagte, dass man die Stammwähler der CDU mit dieser Diskussion verunsichere. "Angela Merkel und AKK sind erfolgreiche Spitzenfrauen der CDU. Wozu die Debatte über einen muslimischen Mann als Kanzler?" Für Motschmann steht fest: "Anders als Brinkhaus sagt, unterscheiden sich die Werte des Islam sehr wohl von unseren Werten - zum Beispiel in Fragen der Gleichberechtigung von Mann und Frau."
Heftiger Widerspruch kam auch von dem baden-württembergischen Bundestagsabgeordneten Eberhard Gienger (CDU). "Ich teile die Sicht von Ralph Brinkhaus nicht. Wenn einen muslimischen Kanzler hätten, hieße das ja im Umkehrschluss, dass Muslime in Deutschland die Mehrheit stellten. Das ist nicht der Fall. Das `C` in Parteinamen ist ja nicht willkürlich gewählt worden", sagte Gienger der "Bild". Christdemokratische Werte seien mit den Werten des Islam nicht vereinbar. Er denke dabei etwa "an die Scharia, die Vielehe, den Umgang mit Homosexuellen oder auch die Stellung der Frau".
Die Debatte über einen muslimischen CDU-Kanzlerkandidaten sei für ihn nicht nur nicht nachvollziehbar, sondern sie sei mit den Grundwerten der Partei unvereinbar. "Zudem haben wir eine Kanzlerin und eine Parteivorsitzende, die beide Christen sind." Alarmiert regierte auch der Innenpolitiker Christoph de Vries (CDU). Der Berichterstatter für Kirchen, Religionsgemeinschaften, jüdisches Leben und die Islamkonferenz in der Unions-Fraktion, sagte der "Bild", dass er von dieser Art der Diskussion "herzlich wenig" halte. "Wer für die Union als Kanzler antritt, muss nicht christlich sein, aber christdemokratische Werte vertreten und sich Deutschland zugehörig fühlen. Viele Menschen mit ausländischen Wurzeln in der CDU und im ganzen Land erfüllen diese Voraussetzungen längst. Dies gilt in gleichem Maße leider nicht für einen größeren Teil der Muslime, die einem religiösen Fundamentalismus nacheifern und sich ausländischen Staatschefs verbunden fühlen."
Bevor man über Kanzlerschaften rede, sollte deshalb die bessere Integration von Muslimen ganz oben auf der Agenda stehen. Brinkhaus hatte der evangelischen Nachrichtenagentur "Idea" auf die Frage, ob ein "Muslim im Jahr 2030 für die CDU Bundeskanzler werden" könne, mit dem Satz geantwortet: "Warum nicht, wenn er ein guter Politiker ist und er unsere Werte und politischen Ansichten vertritt." Die NRW-Integrationsstaatssekretärin Serap Güler (CDU) sprang Brinkhaus bei: "Ralf Brinkhaus hat mit seiner Antwort lediglich klargestellt, dass bei uns in der CDU niemand aufgrund seines Glaubens benachteiligt wird, solange er unsere Werte und politischen Ansichten vertritt. Was anderes zu vertreten, passt weder in eine Volkspartei noch in eine Partei, die die eigene Verfassung ernst nimmt." Auch der familienpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Marcus Weinberg, stellte sich vor Brinkhaus: "Ein Bundeskanzler muss zu unseren Grundwerten, dem Grundgesetz und der freiheitlichen-demokratischen Grundordnung stehen, die sich auch aus unser christlich-jüdischen Tradition speist. Die Religionszugehörigkeit der Person sollte keine Rolle spielen, es geht um die Werte."
Noch weiter ging Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Karin Prien: "Selbstverständlich könnte auch ein muslimischer Christdemokrat, ein Hindu oder ein Atheist für die CDU Bundeskanzler werden", sagte Prien der "Bild". Der CSU-Bundestagsabgeordnete Volker Ullrich vertrat ebenfalls die Auffassung, Brinkhaus habe eine "Selbstverständlichkeit ausgesprochen": Ein Kanzler müsse keiner bestimmten Religionsgemeinschaft angehören. "Er kann auch keine Religion haben. Entscheidend sind nicht Herkunft, Geschlecht, sexuelle Orientierung oder Religion, sondern allein Kompetenz. Im Übrigen sollten wir jetzt keine spekulativen Debatten führen, sondern uns mit unserer Kanzlerin auf die politische Arbeit konzentrieren."
Quelle: dts Nachrichtenagentur