Kritik an Gesetzentwurf zur Stärkung der Rechte intergeschlechtlicher Kinder
Archivmeldung vom 30.09.2020
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Freigeschaltet durch André OttDer Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Schutz von intergeschlechtlichen Kindern wäre aus Sicht der Soziologin Ulrike Klöppel noch nachzubessern. "Ein großes Problem ist, dass das Gesetz nicht alle Schutzbedürftigen schützen wird", erklärte Klöppel im Interview mit der in Berlin erscheinenden Zeitung "nd.DerTag".
Das seien unter anderem ältere Kinder und Jugendliche, die schon als einwilligungsfähig gelten und sich unter dem Druck von Geschlechternormen auf kosmetische Operationen einlassen, deren Folgen sie erst später überblicken. Außerdem werde mit dem Fokus des Gesetzes auf "Varianten der Geschlechtsentwicklung" zu sehr auf die Eindeutigkeit medizinischer Geschlechtsmerkmale gesetzt und eine Vielfalt geschlechtlichen Seins nicht zugestanden.
Die Wissenschaftlerin, die am Institut für Europäische Ethnologie der Humboldt-Universität zu Berlin tätig ist, begrüßt jedoch, dass in Zukunft Operationen an nicht einwilligungsfähigen intergeschlechtlichen Kindern nur mit Genehmigung des Familiengerichts sowie der Zustimmung einer interdisziplinären Expertenkommission erfolgen dürfen. In den Beratungsprozess sollten laut Klöppel jedoch auch Personen einbezogen werden, die selbst intergeschlechtlich sind. Von Intergeschlechtlichkeit wird gesprochen, wenn sich ein Mensch anhand körperlicher Merkmal, der Chromosomen und Hormone nicht eindeutig der medizinischen Norm von "männlich" oder "weiblich" zuordnen lässt. Vermeintlich korrigierende Operationen an diesen Kindern sind seit den 50er Jahren üblich, gerieten aber immer mehr in die Kritik.
Quelle: nd.DerTag / nd.DieWoche (ots)