Bullerjahn: Schluss mit dem Blick zurück bei der Stasi-Debatte
Archivmeldung vom 21.04.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDer designierte stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende und zukünftige Finanzminister von Sachsen-Anhalt, Jens Bullerjahn, hat einen "entkrampften" Umgang mit DDR-Bürgern, "die Fehler gemacht haben" und auch für ehemals hauptamtliche Mitarbeiter der Stasi gefordert.
In einem Interview mit
der "Leipziger Volkszeitung" (Freitag-Ausgabe) sagte Bullerjahn: "Ich
gehöre zu der Generation, die das System der Staatssicherheit in
jungen Jahren miterlebt hat. Ich kenne viele, die in diesem System
gelitten haben. Trotzdem werbe ich dafür, dass man nach 15 Jahren
diese Diskussion etwas entkrampfter führen sollte." Natürlich wecke
dieses Thema bei vielen Menschen unterschiedliche Emotionen. Also
müsste man sich der Frage eines Endes der Stasi-Überprüfungs-Debatte
sehr behutsam nähern. Aber: "Ich werbe dafür, dass es Zeit wird,
möglichst viele Menschen mitzunehmen, selbst die, die in der DDR
Fehler gemacht haben oder die auch hauptamtlich für die
Staatssicherheit gearbeitet haben. Wir sollten damit aufhören, bei
allen Themen immer nur nach hinten zu sehen. Das hilft keinem. Damit
setzt man sich vielleicht dem Vorwurf der Verdrängung aus, aber mit
43 Jahren stelle ich mich dieser Diskussion", meinte Bullerjahn.
In der Debatte um zusätzliche Steuererhöhungen, die im
Zusammenhang mit Äußerungen des designierten SPD-Vorsitzenden Kurt
Beck aufgeflammt war, sprach sich Bullerjahn zunächst für einen
scharfen Blick auf die Ausgabenseite aus. "Statt zuerst über
Steuererhöhungen zu reden, sollten wir darüber diskutieren, was wir
auf der Ausgabenseite wollen." Es ließe sich bei den vorhandenen
Mitteln noch sehr viel sparen. "Mit einer moderneren Verwaltung, mit
einer Konzentration des Beamtentums auf die wenigen Kernbereiche
hoheitlichen Handelns, mit effizienteren Abläufen kann man viel, viel
Geld sparen. Darüber hinaus muss man sagen, dass Deutschland eine zu
geringe Steuerquote, aber eine zu hohe Abgabenlast hat." Deutschland
könnte erfolgreicher im Wettbewerb dastehen, wenn es eine deutlich
niedrigere Abgabenlast bei einer gleichzeitig höheren Steuerquote
gäbe. "Wichtig ist, dass daraus eine mittelfristige politische
Perspektive entwickelt wird, so wie Kurt Beck das angeregt hat.
Dieses Umsteuern kann nicht von heute auf morgen erfolgen. Das wird
Jahre dauern."
Auf die Frage, ob er sich eine Rückkehr von Matthias Platzeck auf
die vorderste Bühne der SPD wünsche meinte Bullerjahn, der als enger
Weggefährte des zurück getretenen SPD-Bundesvorsitzenden Platzeck
gilt: "Für ihn kommt es darauf an, richtig gesund zu werden und über
die für ihn wichtigen Dinge selbst entscheiden zu können. Dafür
braucht Matthias Platzeck ausreichend Zeit. Es ist die ganz
persönliche Entscheidung von ihm, was und wo er in Zukunft für die
SPD arbeiten will."
Quelle: Pressemitteilung Leipziger Volkszeitung