Juristin: „Die Eichel-Rente ist verfassungswidrig“
Archivmeldung vom 15.04.2014
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Freigeschaltet durch Manuel Schmidt„Geschlechtergerechtigkeit steuern – Perspektivenwelchsel im Steuerrecht“ erschienen in der Publikationsreihe HWR Berlin Forschung Männer und Frauen sind gleich. Das in der deutschen Verfassung verankerte Diskriminierungsverbot greift in vielen Bereichen, „aber im Einkommensteuerrecht wird es nicht konsequent durchgesetzt“, kritisiert die Juristin und Dozentin Dr. Ulrike Spangenberg vom Institut für gleichstellungsorientierte Prozesse und Strategien (GPS) an der Hochschule für Wirtschaft und Recht (HWR) Berlin. Als Beispiel der Benachteiligung von Frauen nennt sie die Besteuerung der zusätzlichen Alterssicherung: „Die Eichel-Rente ist verfassungswidrig.“
Der in der Forschungsreihe der Hochschule für Wirtschaft und Recht (HWR) Berlin erschienene Sammelband "Geschlechtergerechtigkeit steuern – Perspektivenwechsel im Steuerrecht" thematisiert grundlegende Wechselwirkungen von Geschlechterverhältnissen und Besteuerung jenseits von Ehegattensplitting sowie Individualbesteuerung und den daraus resultierenden Erwerbswirkungen. Die Herausgeberinnen Ulrike Spangenberg und Maria Wersig haben Aufsätze unterschiedlicher Disziplinen und Blickwinkel aus Deutschland und Österreich zusammengetragen.
Die ökonomische Perspektive beleuchtet geschlechterbezogene finanzielle Be- und Entlastungen sowie Anreizwirkungen der Besteuerung, der juristische Fokus formuliert rechtliche Anforderungen an eine gleichstellungsorientierte Besteuerung. Zudem machen Einsichten und Erfahrungen aus Verwaltung, Politik und Zivilgesellschaft die Potenziale und Hindernisse deutlich und zeigen notwendige erste Schritte auf dem Weg zu einer ehrlichen und allumfassenden Geschlechtergerechtigkeit auf. Denn noch knüpfen in Deutschland Steuervergünstigungen an traditionelle Muster und Männerberufe an, haben Haushalte mit einem niedrigen Zweiteinkommen (meist der Frau) durch die gemeinsame Veranlagung von Ehepaaren steuerliche Nachteile, konstatiert Prof. Dr. Friederike Maier von der HWR Berlin in ihrem Aufsatz.
Die vom Gesetzgeber zugrunde gelegte „intakte Durchschnittsehe“ geht von der Annahme aus, dass das Einkommen in einen gemeinsamen „Topf“ kommt und zwischen den Partnern gleich verteilt wird. HWR-Professorin Dr. Miriam Beblo und Wissenschaftler und Dozent Dr. Denis Beninger haben in einem international erstmalig durchgeführten ökonomischen Experiment zur Geldverteilung und -verwendung von heterosexuellen Paaren nachgewiesen, dass in den meisten Ehen kein Pooling der Einkommen stattfindet. „Tatsächlich macht es doch einen Unterschied, wer das Geld erhält“, schreiben sie in ihrem Beitrag des nun vorliegenden Sammelbandes. Diese Tatsache sollte in der Politikberatung sowie in der praktischen Ausgestaltung von familien- und steuerpolitischen Instrumenten berücksichtigt werden, fordern die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.
Quelle: Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin (idw)